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David Teufel (li.), Investment Director bei Venionaire Capital, zusammen mit Peter Augustin (re.), Venture Partner bei Venionaire Investment und Gründer von Inode © RNF

Peter Augustin und David Teufel im Interview über den ersten österreichischen Kryptofonds „Tigris Web3“.

Mit einem Investment die digitale Zukunft unterstützen und dabei Geld verdienen – das klingt nach einer guten Idee. Der erste österreichische Kryptofonds „Tigris Web3“ hat sich genau das zum Ziel gesetzt.

 

Der Wiener Venture-Capital-Spezialist Venionaire Capital hat vergangenes Jahr mit „Tigris Web3“ den ersten österreichischen Kryptofonds aufgelegt, der ausschließlich in digitale Assets investiert. Mit Peter Augustin ist ein Pionier der Anfangstage des Internets – des sogenannten Web1 – als Initiator des Fonds und Venture Partner involviert: Augustin, der im Jahr 1996 den Internetprovider Inode gründete, kam dafür nach einer unternehmerischen Pause wieder in den Technologiesektor zurück. NEW BUSINESS hat sich mit ihm und mit David Teufel, Investment Director bei Venionaire, über die Hintergründe unterhalten.

Können Sie zu Anfang bitte kurz für einen Laien zusammenfassen, was ein Kryptofonds ist?
David Teufel: Der Kryptofonds „Tigris Web3“ fällt unter die Kategorie der Alternativen Investmentfonds und ist gemäß AIFM-G (das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, Anm.) bei der FMA in Österreich registriert. Alternative Fonds werden regelmäßig nur professionellen oder sogenannten qualifizierten Investoren, also in diesem Sinne ausreichend erfahrenen, risikobewussten und vermögenden, angeboten. Die Mindestzeichnung des Fonds beträgt 100.000 Euro über ein bei der Österreichischen Kontrollbank registriertes Wertpapier, direkt beim Fondsmanager (AIFM) der Venionaire Investment GmbH. Handelbar ist dieses Wertpapier unter registrierten professionellen Investoren frühestens ab 2024. Kryptofonds können unterschiedliche Ausrichtungen haben. So können sie zum Beispiel rein spekulativ sein oder inhaltlich auf ein bestimmtes Thema fokussiert. Unser Fonds „Tigris Web3“ investiert in die Zukunft des Internets, das sogenannte Internet of Blockchains oder Web3. Der Fonds hält dabei ausschließlich sogenannte Token, das sind rein digitale Vermögenswerte, aber keine Unternehmensanteile, Aktien oder Anleihen in tokenisierter Form. Diese Token lassen Investoren des Fonds dennoch am Wachstum von Blockchain-basierten Projekten partizipieren, da sie gemäß ihrer Tokenomics (Token-Ökonomie, Anm.) bei steigender Popularität an intrinsischem und Marktwert zulegen.

Können Sie vielleicht den Begriff „Web3“ noch ein bisschen erläutern?
Peter Augustin: Das Web3 hat vereinfacht gesagt das Ziel, die Wertschöpfung und die Besitzverhältnisse bei erhöhter Sicherheit und Kontrolle für das Netzwerk bzw. seine Nutzer im Internet neu zu verteilen. Durch transparente, dezentrale Netze und entsprechend unveränderliche Informationsketten wird es möglich, den Vertrauensdienstanbieter oder den Plattformbetreiber, wie heute etwa Facebook, Amazon, Google oder Spotify, zu ersetzen, was enormes ökonomisches Potenzial freisetzt. Das Web3 setzt sich aufgrund einer Win-win-Situation durch: User werden im Web3 wieder Eigentümer ihrer Daten, und Urheber – Content-Creator – werden für ihre Leistungen fairer entlohnt.

 

Web3: Die nächste Generation des Internets
Am Beginn stand mit der Einführung des Internets das Web1. Das danach entstehende Web2 wurde von userorientierten Anwendungen der Big-Tech-Unternehmen wie Google, Amazon, Microsoft oder Facebook dominiert, die allesamt im Silicon Valley entstanden sind und enorme Datenmengen zentral verwalten. Die Kontrolle über die Daten bedeutet letztlich auch Beschränkung des Zugangs. Mit dem Web3 steht nun die nächste Generation des Internets vor der Tür: Es entsteht ein dezentrales, demokratisches System, in dem viele Akteure gemeinsam die Kontrolle über die Daten ausüben und somit auch ein völlig neues Level an Datensicherheit realisieren. Der „Tigris Web3 Fonds“ unterstützt diese nächste Generation des Internets, indem er Investments in digitale Werte (sogenannte Token) ermöglicht, wobei nur Token ausgewählt werden, die strengen Vorgaben hinsichtlich Sicherheit, Technologie und konkreter Anwendbarkeit entsprechen.
www.venionaire.com/funds/tigrisweb3/

 

Ist das nicht sehr riskant? Aktuell gibt es aus diesem Bereich doch hauptsächlich Negativ-Schlagzeilen.
David Teufel: Das Risiko ist nicht von der Hand zu weisen, weshalb wir auch regelmäßig privaten Investoren von Investments in diesem Bereich abraten. Für unser Fondsmanagement ist das Management der Risiken eine enorm wichtige Aufgabe. Uns als professionellem Marktteilnehmer stehen allerdings Möglichkeiten und Expertenteams zur Verfügung, die uns angemessenes Risikomanagement ermöglichen. 
Ganz grundsätzlich muss man zum Web3 bzw. Krypto Folgendes sagen: Das Web3 bzw. Blockchain als Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. Die drastischen Zyklen und Entwicklungen rund um einzelne Marktteilnehmer, wie zuletzt FTX, sorgen natürlich für Schlagzeilen. All das erinnert sehr an die frühen Tage des Internets. Was erschwerend hinzukommt, ist, dass der Kryptomarkt sich dem allgemeinen Marktgeschehen nicht entziehen kann. Die Wirtschaftskrise schlägt sich auch in dieser Assetklasse nieder und wirkt hier noch verstärkend negativ. 
Wir machen aus der Not eine Tugend. Unser Fonds baut seine Allokation sehr langsam auf. Wir investieren de facto antizyklisch und profitieren von niedrigen Einstiegskursen. Somit sind wir auch überzeugt, dass wir in den nächsten Jahren sehr schöne Erträge abliefern werden. 

Herr Augustin, Sie haben von Anfang an quasi alle Entwicklungen im ­Digitalbusiness nicht nur beobachtet, sondern auch „mitgemischt“. Lässt sich das derzeitige Geschehen mit dem Platzen der Dotcomblase vergleichen, oder ist dieser Vergleich unangebracht?
Peter Augustin: Der Vergleich ist mehr als zutreffend. Fundamentale Entwicklungen brauchen ihre Zeit, die Finanzmärkte hingegen sind ungemein kurzatmig – vor allem wenn sie liquide sind. In der Dotcomära haben Investoren zwar das Potenzial erkannt, das das Internet bringt – die nötige Ausdauer, bis es sich materialisiert, hatten allerdings die wenigsten. Daher ist der Investmentfokus bei „Tigris Web3“ eine Buy-and-Hold-Strategie, wobei wir nicht ausschließen, einen kleinen Teil in sogenanntes Market-Making zu investieren. 
Die Projekte, die bei uns im Investmentuniversum landen, werden laufend intensiven und tiefgehenden Analysen unterzogen. Dafür haben wir gemeinsam mit internen und externen Experten ein eigenes Investment-Framework mit über 30 verschiedenen Kriterien entwickelt. Nur Projekte, die dieses Framework bestehen, kommen überhaupt erst im Investment-Committee auf den Tisch.
Letztlich müssen Projekte, die für uns infrage kommen, für den Anwender einen Mehrwert bringen, für den dieser auch bereit ist zu bezahlen. Die Marktdurchdringung braucht aber noch Zeit – die User müssen sich mit den neuen Möglichkeiten des Web3 vertraut machen. Die Lösungen müssen auch noch anwenderfreundlicher, massentauglicher werden. In ein paar Jahren wird das Web3 ganz normal sein. 

Wie wurde eigentlich die Idee geboren, den ersten österreichischen Krypto-Fonds ins Leben zu rufen?
David Teufel: Peter Augustin und das Team von Venionaire hatten bereits seit ein paar Jahren Kontakt durch gemeinsame Investments im Start-up- und Venture-Capital-Bereich. Daraus ist gegenseitiges Vertrauen und eine Freundschaft entstanden. Wir haben uns regelmäßig, intensiv über Innovation und Technologietrends unterhalten. Web3 war dann vor zwei Jahren immer öfter ein Thema. Wir waren gleicher­maßen fasziniert und haben damit im Privaten experimentiert. Peter Augustin hatte das Thema sehr viel früher entdeckt als andere und sich auch gleich sehr intensiv eingearbeitet. Er war früh investiert und wurde von Freunden und Bekannten oft gefragt, wie man es ihm gleichtun könne. So ist die Idee zu einem professionell aufgesetzten Fonds entstanden.

Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Fonds „Tigris Web3“?
David Teufel: Wir wollen die besten Teams und die stärksten Technologien des Web3 finden und diese bei ihrem Wachstum bereits in frühen Tagen begleiten. Hierfür wollen wir einen 20 Millionen Euro schweren Fonds aufbauen. Die Zahl erscheint klein in einem Bull-Run, aber umso größer in einem Kryptowinter, wie wir ihn aktuell erleben. 
Ein Großteil der Gründer und Entwickler im Web3 befindet sich aktuell noch auf einer zum Teil ideologisch geprägten Reise. Sie wollen die De-facto-Monopolstellung von Internetgiganten, den sogenannten FANG, brechen und ein unabhängiges, faires, zensurresistentes und offenes Internet of Ownership erschaffen. 
Diese Vision tragen wir mit. Wir sehen auch eine Chance für Europa, den digitalen Anschluss an die USA oder China wiederzufinden. Es gibt sehr gute europäische Projekte. Am Ende des Tages vertrauen uns Investoren ihr Kapital an und erwarten, dass wir uns mit der Veranlagung in dieser neuen Assetklasse auch für ein „besseres Internet“ einsetzen.

 

Dank eines mehrköpfigen Teams können die Macher hinter dem Fonds „Tigris Web3“ im
Namen der Investoren den Überblick über die Projekte im Portfolio behalten. (c) RNF

 

Welche Vorteile haben Anleger, wenn sie in „Tigris Web3“ investieren? Was sind die Pros?
David Teufel: Neben einer breiten Streuung und Risikodiversifikation sind definitiv der intensive Selektionsprozess, das Risikomanagement bzw. das aktive Portfoliomanagement des „Tigris Web3“ ein großer Vorteil für Investoren. Wir sind in regelmäßigem Austausch mit Entwicklern, Foundations und Experten zu verschiedenen Projekten. Dadurch können wir sehr schnell auf Neuigkeiten und Marktänderungen reagieren und bei einer recht hohen Anzahl an Projekten im Portfolio – dank eines mehrköpfigen Teams – den Überblick behalten. Einzelne Investoren können unmöglich so aktiv in den verschiedenen Netzwerken mitarbeiten und gleichzeitig den Austausch mit anderen Investoren, Fonds, Entwicklern und anderen Industrieexperten pflegen. Als professionelles Team haben wir hier sicherlich einen großen Vorteil.

Und gibt es auch Cons?
David Teufel: Das kommt darauf an, wie man es sieht. Bei Fonds – so auch beim „Tigris Web3“ – fallen jährliche Management-Fees und im Erfolgsfall, also im Fall großer Kurssteigerungen, eine Performance-Fee an. Diese Kosten kann man sich sparen, wenn man selbst ausreichend hohe Summen, etwa über zehn Millionen Euro, investiert und das entsprechende Personal und die technischen Ressourcen, wie einen 3Folio-Account, intern finanzieren kann. 

Worin wird investiert? Können Sie ein paar konkrete Beispiele nennen?
Peter Augustin: Wie bereits in diesem Interview angesprochen, investiert der „Tigris Web3“ in Token und andere auf Blockchain-Technologie basierte digitale Assets. Der Fokus liegt dabei auf Web3-Applikationen bzw. zugrunde liegenden Layern. Aktuell sind wir in 16 verschiedene Projekte investiert. Konkret unter anderem in Infrastrukturprojekte, sogenannte Layer 1, wie zum Beispiel Cosmos. Der Hauptfokus liegt aber auf Applikationen, vor allem eigenen Chains und dezentralen Apps. Zum Beispiel: Dezentrales Cloud-Computing, dezentralisierte VPN-Anbieter oder Projekte, die eine sichere Kommunikation zwischen verschiedenen Blockchains und auch der Außenwelt ermöglichen. Wir haben aber auch Decentralized-Finance-Anwendungen oder auch Gaming-Anwendungen im Portfolio bzw. im Blick.

Angepeilt war zum Start ein Volumen von 20 Millionen Euro innerhalb der ersten Monate. Ist dieses Ziel schon erreicht?
David Teufel: Nein, dieses Ziel wurde leider noch nicht erreicht. Die Marktverwerfungen an den Kapitalmärkten, die Ereignisse rund um LUNA und zuletzt FTX haben für viel Unsicherheit kurz nach Auflage des Fonds gesorgt. Das hat das zunächst sehr starke Fundraising deutlich verlangsamt. Wir merken aber, dass das Interesse aktuell wieder steigt, und gehen davon aus, dass wir unser intern gesetztes Ziel bis Jahresende erreichen werden. Der Fonds kann und wird bis Ende 2023 neue Investoren aufnehmen.

Gerade die letzten Monate waren, wie eingangs erwähnt, in Sachen Krypto recht spektakulär – leider eher in die negative Richtung. Hatte das Auswirkungen auf „Tigris Web3“?
David Teufel: Definitiv. Trotz unserer strengen Risikorichtlinie haben wir auch Verluste verzeichnet – der Fonds hat allerdings deutlich weniger verloren als seine Benchmark Bitcoin. Wir sehen die aktuellen Entwicklungen eher als kurzfristige Korrektur und nicht langfristig als negativ. Die Anzahl der aktiven Blockchain-Entwickler steigt zum Beispiel weiterhin an, unabhängig von der Kursentwicklung. Was man aus den Geschehnissen lernen sollte, ist, dass mehr Dezentralisierung notwendig ist – und wohl auch ein höheres Maß an Regulierung. Die EU ist hier mit den Richtlinien MiCA und DAC8 ein Vorreiter. 
Peter Augustin: Regulierung und Blockchain sind kein Widerspruch. Regulierung erlaubt es einer größeren Anzahl an Privatpersonen, Fi­nanz­instituten und Unternehmen im Web3 innerhalb eines klaren Regelwerks zu arbeiten, was insgesamt wiederum die Innovationskraft und Verbreitung der Technologie fördern sollte. (RNF)

 

Über Venionaire Capital
Venionaire Capital ist auf Risikokapital und Private Equity spezialisiert. Die 2012 gegründete Firma mit Hauptsitz in Wien unterstützt laufend Konzerne, mittelständische Unternehmen und Family-Offices in komplexen Finanzierungsfragen. Die besondere Expertise des Hauses liegt in den Bereichen Innovation, Hightech, Blockchain und Wachstumsunternehmen (Start-ups). Alternative Investment Fondsmanagement wird von der als AIFM registrierten Tochtergesellschaft, Venionaire Investment GmbH mit Sitz in Wien, abgebildet.
www.venionaire.com