Standards der Infrastruktur

NEW BUSINESS Innovations - NR.10, DEZEMBER 2017
Kein digitaler Wilden Westen – die Infrastruktur für das IoT braucht Standards, sind sich Experten einig. © Austrian Standards

Das Internet der Dinge kennt nur die Überholspur. Die Technik entwickelt sich exponentiell, die Vernetzung der Anwendungen nimmt ebenso rasant zu wie die Zahl der Cyberangriffe ...

... Standards – gerade in der Infrastruktur - sind deshalb wichtige Tragpfeiler einer erfolgreichen Entwicklung geworden.

Wir wollen keinen digitalen Wilden Westen.“ Mit dieser Aussage eröffnete Muna Duzdar unlängst den IoT-Fachkongress 2017 und betonte die Notwendigkeit einer Charta der digitalen Grundrechte in der Europäischen Union. Hochkarätige Referenten skizzierten im Rahmen des Kongresses Strategien gegen potenzielle Bedrohungsszenarien für lebenswichtige Infrastrukturen, beschrieben IoT-Anwendungen in der Industrie und referierten über den Status quo der Standardisierung in diesem Bereich. Durch die Veranstaltung führte der Vizepräsident der Digital Society Austria, Manfred Wöhrl.
Austrian-Standards-Direktorin Elisabeth Stampfl-Blaha erklärte, das Internet der Dinge kenne nur einen Kurs – „die Überholspur“. Die Technik entwickle sich exponentiell, die Vernetzung der Anwendungen nehme dabei ebenso rasant zu wie die Zahl der Cyberangriffe. „Standards sind deshalb wichtige Tragpfeiler einer erfolgreichen Entwicklung“, unterstrich Stampfl-Blaha. Eine Podiumsdiskussion zum Thema „Inwieweit benötigt IoT Standards?“ zeigte dabei, dass Standards eine Schlüsselrolle spielen, wenn es darum geht, IT-Systeme vernetzbar, portabel, effizient und sicher im Betrieb zu machen. Den Status quo der Normung und künftige Entwicklungen beschrieben dabei Karl Grün von Austrian Standards und Richard Valenta vom Österreichischen Verband für Elektrotechnik (OVE).
Experten von AIT, SpaceTec und Austro Control referierten zu autonomen Fahrzeugen, Satellitenüberwachung, vernetzten Drohnen und Webcams. Facebook-Kläger Max Schrems, die Juristin Veronika Wolfbauer und Tobias Höllwarth von EuroCloud thematisierten den Datenschutz. Unternehmen wie Hutchison Drei Austria (Lead-Partner des Fachkongresses), Linz Strom, Hagleitner, NetApp oder Crate zeigten schließlich anhand von Best-Practice-Beispiele, wie IoT, Big Data und Cloudservices dabei helfen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und die Effizienz bestehender Prozesse in Produktion und Verwaltung zu steigern.

Gefahren live erkennen
Bei einem Live-Hack demonstrierten Spezialisten vom Austrian Internet of Things Network eindrucksvoll, wie einfach sich die Kontrolle über ein WLAN-Netz samt den angeschlossenen Geräten übernehmen lässt. Sie machten damit die Risiken deutlich, die Millionen ungesicherter Devices – von Smartphones über Webcams bis hin zu „smarten“ Kuscheltieren – im Internet of Things darstellen.
Zusammenfassend betonten Stampfl-Blaha, Grün und Wöhrl die enorme Bedeutung und die vielfältigen Potenziale des IoT für nahezu alle Bereiche des menschlichen Lebens und wiesen auf die Wichtigkeit internationaler Abstimmung, besonders auch in der Standardisierung, hin.
Das Internet of Things, Big Data, Cloudservices sowie der Datenschutz und die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung sind die Themen zahlreicher weiterer Veranstaltungen und Publikationen von Austrian Standards zu diesem Themenbereich.

Maßnahmen schnell umsetzen
Zahlreiche Digitalunternehmen fordern indes „in den ersten 100 Tagen einen ‚Digitalen Umsetzungsplan‘“. Damit die extrem ambitionierten Ziele aus den Wahlprogrammen eine Chance auf Realisierung hätten, müsse die neue Bundesregierung eine enorme Kraftanstrengung in Richtung Digitalisierung unternehmen. Alle wahlwerbenden Parteien hätten neue Jobs, mehr Wirtschaftswachstum und Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung zum Ziel, betont etwa die Internetoffensive Österreich. Der wirkungsstärkste Motor zur Effizienzsteigerung am Wirtschaftsstandort Österreich sei die Digitalisierung. Deren Nutzung sei in Österreich jedoch nur durchschnittlich. Dies solle sich nun in Zusammenarbeit mit den führenden IKT-Unternehmen ändern. Mit den „Top 10 Maßnahmen zur Digitalisierung“ seien in den kommenden fünf Jahren 100.000 neue Jobs, zehn Milliarden Euro mehr Wertschöpfungsbeitrag und massive Effizienzsteigerung in der Verwaltung bis 2022 sicher. Dafür gelte es, die Hochleistungs-Breitbandinfrastruktur auszubauen und 5G-Leadership anzustreben. Erreicht werden soll dies durch einen rascheren Ausbau aufgrund von starker Senkung der Netz-Ausbaukosten für die digitale Infrastruktur durch Verfahrensverkürzungen sowie Kürzung von Gebühren und Betriebskosten, unter anderem von Kosten für Frequenzen.
Bereits heute sei die in Österreich wertschöpfende Digitalwirtschaft mit mehr als 30 Prozent Anteil am Wirtschaftswachstum der wichtigste Treiber des heimischen Wirtschaftswachstums. Damit dieser Motor seinen Beitrag erhöhen könne, müsse rasch gehandelt werden. „Eine der größten und wichtigsten Aufgaben der neuen Bundesregierung liegt in der Digitalisierung unseres Landes. Digitalisierung ist Chefsache – die Entscheidung dafür alternativlos. Die Umsetzung muss bereits in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung beginnen. Dazu ist ein gemeinsamer Kraftakt von Industrie und Politik erforderlich. Nur so wird es gelingen, einen der wirkungsvollsten Zukunftsmotoren für den Wirtschaftsstandort Österreich zu starten. In den vergangenen Wochen haben Experten der führenden IKT-Unternehmen, der Verwaltung und der Wissenschaft unter der Leitung der Internetoffensive Österreich den nun vorliegenden ‚Top 10 Maßnahmenplan zur Digitalisierung‘ erarbeitet“, unterstreicht die Präsidentin der Internetoffensive Österreich und CEO der HP Austria GmbH, Michaela Novak-Chaid.
„Es ist absolut notwendig, dass Digitalisierung Chefsache ist und daher zukünftig aus dem Bundeskanzleramt heraus koordiniert und getrieben wird. Dazu gehört die Überwachung des digitalen Umsetzungsplans, die Definition von Schwerpunktprojekten und die Budgetierung von ressortübergreifenden Projekten. Außerdem soll mit den Bundesländern im Rahmen von Zielvereinbarungen die Effizienzsteigerung durch gemeinsame Digitalisierungsprojekte wie zum Beispiel die Zusammenlegung von Digitalen Diensten stark erhöht werden“, ergänzt Margarete Schramböck, Vizepräsidentin der Internetoffensive.

Hürden müssen abgebaut werden
„Die Beschleunigung von Umsetzungsprozessen ist ohne einen Abbau von Regulierungshürden nicht machbar. Daher werden die Unternehmen der Internetoffensive der neuen Bundesregierung rasch Vorschläge zum Bürokratie-Abbau liefern. Besonders hinderlich sind diese Hürden bei Bewilligungsprozessen von Breitbandausbau, die 18 Monate und auch länger dauern. Weiters soll die RTR ihre Aufgabengebiete in einem zunehmend deregulierten Telekommarkt neu definieren. Da Innovationen in einem erheblichen Maß von Start-ups kommen, müssen Bürokratiehürden bei der Gründung, aber auch bei der Abholung von Fördermitteln abgebaut werden“, ergänzt der Vizepräsident der Internetoffensive und CEO von T-Mobile Österreich, Andreas Bierwirth. „Die vielen Breitband-Masterpläne und Strategien der letzten 15 Jahren hatten kaum Auswirkungen auf die Rahmenbedingungen für Breitbandausbau. Daher muss jetzt ein gemeinsamer Umsetzungsplan zwischen Politik und Digitalwirtschaft erarbeitet werden, inklusive Budget, Zeit- und Ressourcenplanung. Besonders wichtig ist die Zurverfügungstellung der notwendigen neuen Frequenzbänder zu marktverträglichen Preisen. Die Rekord-Auktionserlöse von 2013 dürfen sich auf keinen Fall wiederholen. Sonst fehlt uns das Geld für weitere Investitionen“, erläutert Jan Trionow, Vizepräsident der Internetoffensive und CEO von Drei Österreich. (TM)
www.austrian-standards.at
www.internetoffensive.at