M&A gilt nach wie vor als wichtiges Mittel für Transformation. © Adobe Stock/Stockwerk-Fotodesign
Österreichs M&A-Markt konnte sich dem globalen Rückgang im Jahr 2023 nicht gänzlich entziehen. Für 2024 wird erstmals wieder ein Aufschwung erwartet – trotz schwieriger Wirtschaftslage.
Am globalen Markt für Unternehmenstransaktionen („Mergers & Acquisitions“ – „M&A“) herrschen seit dem Rekordjahr 2021 aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage getrübte Stimmung und Zurückhaltung bei Deal-Aktivitäten. Zwar sorgten einige Megadeals 2023 wieder für Schlagzeilen, doch sind die Transaktionen insgesamt in Anzahl und Wert weltweit deutlich gesunken. Auch in Österreich ist die Anzahl der Transaktionen 2023 zurückgegangen. Für 2024 wird nun erstmals wieder ein Aufschwung am globalen und heimischen M&A-Markt erwartet. Das prognostiziert der Global M&A Industry Trends Outlook 2024 von PwC.
Nach Rekordjahr 2021: Abwärtsspirale bei globalen Deal-Aktivitäten
Seit dem Rekordjahr 2021 ist am globalen M&A-Markt eine deutliche Abwärtsspirale zu beobachten gewesen: Die globalen Werte der Deals hatten sich zuletzt in nur zwei Jahren von ihrem Höchststand von über 5 Billionen US-Dollar im Jahr 2021 auf 2,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2023 halbiert.
Das weltweite Volumen der Deals ging ebenfalls zurück, und zwar um 17 Prozent von knapp über 65.000 Deals im Jahr 2021 auf rund 55.000 im Jahr 2023. Allein im Jahr 2023 verringerte sich das weltweite M&A-Volumen – also die Anzahl an Transaktionen – um 6 Prozent im Vergleich zu 2022. Die Höhe der M&A-Werte nahm sogar um 25 Prozent ab. In der Region EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) ging der M&A-Markt sogar um 13 Prozent beim Volumen und 36 Prozent beim Wert zurück.
Insbesondere durch die rasant gestiegenen Zinsen und die Inflation wurden Finanzierungen von Transaktionen teurer, was sich vor allem im Rückgang von Megadeals – also Transaktionen mit einem Wert von über 5 Milliarden Dollar – bemerkbar machte. Megadeals waren von ihrem Höchststand von fast 150 Deals im Jahr 2021 um 60 Prozent auf weniger als 60 im Jahr 2023 zurückgegangen. Die beiden global gesehen größten angekündigten Deals waren 2023 im Energie- und Ölsektor in den USA angesiedelt – die geplante Übernahme von Pioneer durch Exxon für 59,5 Milliarden US-Dollar sowie die geplante Übernahme von Hess durch Chevron für 53 Milliarden US-Dollar.
Die Situation in Österreich
„Auch in Österreich war die Anzahl der Transaktionen rückläufig. Die Transaktionswerte stiegen aber“, erläutert Gregor Zach, M&A Leader bei PwC Österreich, die Entwicklung hierzulande. Ausschlaggebend dafür war die Rückkehr großer Deals mit einem Wert von über oder nahe einer Milliarde Euro. Dazu zählen der Verkauf des Logistikunternehmens Cargo-Partner an die japanische Nippon Express (1,4 Mrd. Euro), der Verkauf des Verpackungsunternehmens Constantia Flexibles an die amerikanische One Rock Capital Partners (1,1 Mrd. Euro) und die Abspaltung des Tower Business der Telekom Austria (0,9 Mrd. Euro). Allein für einen 20-Prozent-Anteil an der IMS Nanofabrication bezahlte Bain Capital 0,8 Mrd. Euro an den Eigentümer Intel.
Deal-Aktivitäten im Energiesektor gewinnen in Österreich an Bedeutung
Ein Motor der Deals-Aktivität in Österreich sind zunehmend Investitionen in erneuerbare Energien, Recyclingtechnologien und die Kreislaufwirtschaft. Das lässt sich auch an aktuellen M&A-Aktivitäten ablesen: So übernimmt Borealis das italienische Recycling-Unternehmen Rialti sowie das flämische Unternehmen Renasci. Verbund kaufte das oberösterreichische PV-Unternehmen Solarpower. Die OMV erwarb eine Beteiligung an der kanadischen Eavor Technologies, die geothermische Lösungen entwickelt.
„M&A gilt nach wie vor als wichtiges Mittel für Transformation. Durch solche Transaktionen können Unternehmen notwendige Technologien, Ressourcen und Know-how viel schneller aufbauen, als das aus eigener Kraft möglich wäre“, erklärt Gerald Eibisberger, Deals Leader bei PwC Österreich. Wichtig ist, dass Unternehmen ihre Transformation jetzt umsetzen und dazu Transaktionen gezielt nutzen. 2024 wird es besonders auf Schnelligkeit, Know-how und Mut ankommen.“
M&A im Aufschwung: 2024 läutet neue Phase des Deal-Geschäfts ein
Für 2024 wird am globalen M&A-Markt ein Aufschwung erwartet. Ein wesentlicher Grund dafür sind stabilere Finanzmärkte, die durch eine nachlassende Inflation und die erwarteten Zinssenkungen begünstigt werden. Weiters haben die geringeren M&A-Aktivitäten im Jahr 2023 zu einem Rückstau geführt. Zudem erhöhen Megatrends wie KI, Digitalisierung und der Klimawandel nach wie vor den Druck auf Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle umzugestalten, was das Wesen des Deal-Geschäfts ausmacht. Auch für Österreich wird für 2024 eine hohe Deals-Aktivität erwartet.
Zudem verfügt die österreichische Deals-Landschaft über einen stabilen Mid-M&A-Markt, in dem Finanzierungen für Transaktionen trotz hoher Zinsen meist noch durchführbar sind. 41 Prozent der CEOs in Österreich gaben 2023 an, zumindest eine Übernahme in den nächsten drei Jahren zu planen (Quelle: 27. Annual Global CEO Survey von PwC).
Mit dem geplanten Kauf von Strabag-Anteilen durch die RBI um 1,5 Milliarden Euro, kündigt sich für 2024 bereits ein Milliardendeal an. Auch auf globaler Ebene wurden für 2024 bereits mehrere Megadeals angekündigt, welche den positiven Marktausblick stärken. Darunter die geplante Übernahme von Juniper Networks durch Hewlett Packard Enterprise (14 Milliarden US-Dollar) sowie die geplante Übernahme von Global Infrastructure Partners durch Blackrock (12,5 Milliarden US-Dollar).
Die Voraussagen gehen davon aus, dass die globalen M&A-Märkte im Laufe des Jahres einen neuen Aufwärtstrend verzeichnen und die Aktivitäten stetig zunehmen werden. Dieser Aufschwung signalisiert für 2024 sogar das Ende eines der schlimmsten Bärenmärkte für M&A seit einem Jahrzehnt.
Energie-, Tech- und Pharma bieten größte Potenziale
Während im Jahr 2022 weltweit gesehen noch alle Wirtschaftsbereiche einen Rückgang im Bereich M&A verzeichneten, befinden sich seit 2023 bereits einige Sektoren wieder im Aufschwung. So hat sich beispielsweise allein in der Energiebranche die Zahl der Megadeals 2023 fast verdreifacht. Ein Blick auf 2024 zeigt: Die Sektoren Energie, Technologie und Pharma weisen die größten Potenziale für globale M&A-Aktivitäten auf.
In der Energiebranche treibt die Energiewende die Transformation von Unternehmen weiter voran, was das Interesse von Investor:innen verstärken wird. Im Technologie- und Telekommunikationsbereich stehen Weiterentwicklungen generativer KI und anderer Technologien sowie die digitale Transformation insgesamt weiterhin im Mittelpunkt, was Software-Deals für Private-Equity-Unternehmen attraktiv macht. In der Pharmabranche werden vor allem große börsennotierte Unternehmen, die auf Biotech setzen, um Lücken in der Medikamentenversorgung zu füllen, wahrscheinlich ein starkes Interesse von Investor:innen wecken – insbesondere bei Medikamenten gegen Diabetes und Gewichtsverlust. Weiters wird der anhaltende Fokus auf Präzisionsmedizin die M&A-Aktivitäten 2024 ankurbeln.
Andere Sektoren hingegen wie der Finanzdienstleistungssektor und das Gesundheitswesen kommen nur langsam bei M&A voran, was die allgemeinen Marktbedingungen widerspiegelt. Allerdings sorgen auch hier die digitale Transformation und Innovationen für Optimismus – insbesondere Gesundheitsunternehmen aus den Bereichen Telemedizin, Gesundheitstechnologie und -analytik werden für Investor:innen weiterhin attraktiv sein und Möglichkeiten für M&A schaffen. Sektoren wie der Einzelhandel, der Immobilienbereich und das Baugewerbe, wo auch die Kaufkraft der Konsument:innen nach wie vor eingeschränkt ist, müssen sich noch erholen oder befinden sich in einer Umstrukturierungsphase, was aber auch neues Potenzial für M&A bietet.
M&A in der Industrie: Viele kleine und familiengeführte Unternehmen auf dem Markt
Obwohl große Unsicherheiten in Sachen Wirtschaftspolitik, Lieferketten oder Zinsentwicklung bestehen, nehmen Verantwortliche aus der Industrie den M&A-Markt in ihrer Branche aktuell als dynamisch wahr, zeigt eine aktuelle Befragung der Managementberatung Horváth. Vor allem kleine und familiengeführte Unternehmen drängen auf den Markt und führen zu reger Transaktionsaktivität bei Konzernen.
„Unsicherheiten sind aus Sicht der Unternehmen zum ,New Normal‘ geworden und daher kein Grund, sich zurückzuhalten“, so Philipp Duwald, Studienleiter und M&A-Experte bei Horváth. Eher im Gegenteil: Die Marktdynamiken zwingen die Unternehmen, anpassungsfähiger und agiler zu werden. „Strategische Zukäufe können dabei helfen, beispielsweise im Bereich neuer Technologien und Digitalisierung voranzukommen“, sagt Duwald.
Transaktionen aus technologischem Zugzwang
Auch zeigt die Studie, dass Zukäufe vor allem technologisch getrieben sind. „Von neuen elektrischen Antriebsformen bis hin zur KI-gestützten Automatisierung – aus eigener Kraft schaffen es viele Unternehmen nicht, die notwendigen Transformationen in gebotener Geschwindigkeit umzusetzen. Zukäufe von Know-how sind somit unumgänglich“, erklärt der Horváth-Experte.
Eine weitere Horváth-Befragung unter mehr als 150 Unternehmen zeigt zudem, dass etwa sechs von zehn Unternehmen gerade gezielt Ausschau halten und Firmen mit KI-Expertise suchen, sowohl branchenübergreifend als auch innerhalb der Industrie. „Es ist aber auch schlicht Größe und Marktrelevanz, die gerade in der aktuellen Situation entscheidende Faktoren sind, um sich zu behaupten und Zukunftsfähigkeit zu sichern.“
Zukäufe sollten strategisch sein – sind aber doch meist opportunistisch
Gerade aufgrund der bestehenden Unsicherheiten und hohen Marktdynamiken halten neun von zehn Teilnehmenden es für wichtig, das Portfolio intensiver zu hinterfragen und strategisch anzupassen. Hier besteht allerdings noch eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Nur jedes fünfte Unternehmen tätigt Transaktionen, die ganz klar aus der Unternehmensstrategie abgeleitet sind. Bei weiteren 40 Prozent spielen strategische Überlegungen mit, der Rest agiert opportunistisch und nimmt sich ergebende Chancen wahr.
Hop oder top – wie erfolgreich war die Transaktion?
Die Käufer messen den Erfolg einer Transaktion nach Abschluss mehrheitlich sehr akribisch. Vor allem wird analysiert, ob die strategische Wettbewerbssituation nachhaltig gestärkt wurde. Dieses Kriterium steht an erster Stelle der Nachbetrachtung. Weiters wird gemessen, ob Synergieeffekte wie erwartet realisiert wurden (Rang zwei). Inwiefern der Kaufpreis optimiert werden konnte, spielt ebenfalls stark in die Bewertung mit ein.
Für die Verkaufsseite, die in der Regel ebenfalls eine umfangreiche Nachbetrachtung durchführt, ist der erzielte Verkaufspreis neben der Vermeidung von Buchverlusten der entscheidende Erfolgsfaktor. Auch die Umsetzungsgeschwindigkeit ist für viele ein wichtiger Leistungsmaßstab. Gilt es, sich zwischen zwei ähnlich attraktiven Bietern zu entscheiden, geben weiche Faktoren wie Transaktionssicherheit den Ausschlag. Darüber hinaus spielen die Fortführungsprognose sowie die Arbeitsplatzsicherheit eine große Rolle.
Schlüsselfaktoren für erfolgreiche Transaktionen
Wie die Studie zeigt, werden sowohl für den Kauf als auch für den Verkauf kritische Schlüsselfaktoren gesehen, die für einen positiv verlaufenden M&A-Prozess wichtig sind. „Es gibt bei den Unternehmen in der Regel allerdings keine standardisierten Lessons-learned-Prozesse, auch wenn die Befragten das grundsätzlich für sinnvoll halten würden“, so Philipp Duwald von Horváth. Auf der Käuferseite (Buy-Side) ist beispielsweise eine gute sogenannte Why-us-Story unabdingbar. Auf der Verkäuferseite (Sell-Side) zählt noch immer ein solider Businessplan mit nachvollziehbarer Geschäftsentwicklung zu den wichtigsten Faktoren.
„Unternehmensverflechtungen sind oft komplex. Realistisch umsetzbare Carve-out-Konzepte, also konkrete Modelle für Neustrukturierungen, sind definitiv ein großer Pluspunkt“, so Horváth-Experte Duwald. Um angestrebte Synergieeffekte zu erreichen, sehen 80 Prozent der Befragten zudem eine frühzeitige Planung der Post-Merger-Integration (PMI) als wesentlichen Erfolgsfaktor. Das hat Folgen: Viele große Unternehmen bauen derzeit eigene PMI-Teams auf, die Integrationsthemen standardisiert und effizient umsetzen sollen.„Wer einen Blick auf Familienunternehmen geworfen hat, braucht eine klare Vorstellung zur Fortführung und zukünftigen Ausrichtung des Geschäfts. Außerdem spielen Aspekte wie der ‚Cultural Fit‘ eine wichtige Rolle, um sich als Best Owner zu positionieren“, weiß der M&A-Experte. (BO)