Im Zeitraum zwischen 2009 und 2023 gibt es eine Reduktion des Kinderwunsches von 2,1 auf 1,68 Kinder pro Frau. © Adobe Stock/Iryna
Millionen Österreicher:innen stellen sich täglich der Mammutaufgabe, Familie und Job miteinander zu vereinbaren.
Während familienpolitische Leistungen ausgebaut werden, setzen auch immer mehr Unternehmen aktiv Maßnahmen, um ihre Mitarbeitenden bei der Kinderbetreuung zu unterstützen.
Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr. Dieses etwas abgewandelte Zitat aus Wilhelm Buschs „Julchen“, hat nach wie vor seine Gültigkeit. Jungen Menschen fällt heutzutage jedoch bereits die Entscheidung pro eigenen Nachwuchs immer schwerer. Als einer der Gründe lässt sich natürlich der Wandel in der Gesellschaft anführen. Aber auch Pandemie, Kriege und Preisentwicklung gehen an niemandem spurlos vorbei und wirken sich auf die Familienplanung aus. Die Folge: Insgesamt geht der Kinderwunsch dramatisch zurück.
Zu diesem Befund kommt der aktuelle Generations and Gender Survey, der von der Universität Wien in Kooperation mit dem Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Salzburg durchgeführt wurde. Die Forscher:innen haben dazu über 8.000 Personen zwischen 18 und 59 Jahren im Zeitraum Oktober 2022 bis März 2023 befragen lassen.
„Zwischen 2009 und 2023 ist der erhobene Kinderwunsch von 2,1 auf 1,7 Kinder pro Frau zurückgegangen“, berichtet Norbert Neuwirth von der Universität Wien. Obwohl die Gesamtzahl der Frauen in der Altersgruppe zwischen 18 und 45 Jahren um ca. 8 Prozent gesunken ist, hat sich die Zahl jener Frauen, die sich überhaupt kein Kind wünschen, mehr als verdreifacht.
Dem gegenüber ist die Zahl der Frauen, die sich genau ein Kind wünschen gefallen. Die Anzahl Frauen mit höherem Kinderwunsch ist noch deutlicher gesunken. „Laut vorläufigen Schätzungen wird die Kinderlosigkeit für die in den 1990er-Jahren Geborenen 23–24 Prozent betragen“, so Tomáš Sobotka von der ÖAW.
Die Ursachen sind wohl vielfältig: Standen bislang längere Ausbildungszeiten, Partnerfindung und mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Vordergrund, ist nun noch ein weiterer Aspekt hervorzuheben: Die multiple Krise überfordert viele Menschen in Österreich, wobei die Teuerung und ihre Folgen besonders belastend sind. Knapp ein Drittel der Befragten hat wegen der Krisen den eigenen Kinderwunsch entweder geändert (11 Prozent) oder sich diesbezüglich unsicher (19 Prozent) geäußert. Frauen geben dies öfter an als Männer.
Personen unter 30 Jahren überdenken ihre Familienplanung häufiger, ebenso Personen mit niedriger und mittler Bildung. Wurde der Kinderwunsch geändert, dann in Richtung weniger bzw. keine Kinder mehr. „Vor allem die Belastung durch die Preisentwicklungen ist auffallend hoch und steht klar im Zusammenhang mit Änderungen im Kinderwunsch“, so Isabella Buber-Ennser von der ÖAW.
Familienpolitische Meilensteine
Auch wenn die familienpolitischen Leistungen nach wie vor ausbaufähig sind, so hat sich in den letzten Jahren doch einiges gebessert, wie Familienministerin Susanne Raab im Vorfeld des Internationalen Tages der Familie am 15. Mai bilanzierte: „Familien sind das Herzstück unserer Gesellschaft und das Bindeglied, das alles zusammenhält. Daher stehen sie auch im Zentrum unseres politischen Handelns, und Verbesserungen für unsere Familien zu erreichen, ist mir ein ganz persönliches Anliegen. Wir konnten in den letzten Jahren in der Familienpolitik Meilensteine setzen, um Familien nachhaltig zu unterstützen – von der Valorisierung der Familienleistungen über den Ausbau der Kinderbildung und -betreuung bis hin zur Stärkung der Väterbeteiligung. Damit ist Österreich bei den Familienleistungen bereits Europameister.“
Ein wichtiger Meilenstein ist die Valorisierung der Familienleistungen, die seit dem 1. Jänner 2023 gilt. Alle Familienleistungen, einschließlich Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag, Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld, Familienzeitbonus sowie Schulstartgeld werden jährlich an die Inflation angepasst. Für das Jahr 2024 bedeutete das eine Steigerung um 9,7 Prozent. Außerdem wurde der Familienzeitbonus von 740 Euro auf rund 1.600 Euro mehr als verdoppelt, der 2019 eingeführte Familienbonus Plus auf 2.000 Euro erhöht und die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeldkonto, beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld und bei der Beihilfe erweitert.
Der Bund unterstützt die für die Kinderbetreuung zuständigen Länder bereits seit 2008 und seitdem konnten weitreichende Verbesserungen erzielt werden. So hat sich die Kindergarten-Besuchsquote bei Unter-3-Jährigen auf 32,1 Prozent verdoppelt und die Besuchsquote bei 3- bis 6-Jährigen ist von 86,6 Prozent auf 95,4 Prozent gestiegen. Es wurden insgesamt rund 95.700 Plätze geschaffen.
Mit der neuen 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern und dem im Finanzausgleich neu geschaffenen Zukunftsfonds investiert der Bund gemeinsam mit Ländern und Gemeinden 4,5 Milliarden Euro in den Ausbau und die Qualität der Kinderbetreuung. Mit einem neuen Monitoring-Bericht zur Kinderbetreuung können nun erstmals Fortschritte zahlenbasiert im 10-Jahres-Zeitverlauf, heruntergebrochen auf Bezirke, nachvollzogen oder auch Lücken eruiert werden.
Die gemeinsame partnerschaftliche Aufteilung von Familienaufgaben hat nicht nur einen Mehrwert für Familien, sondern auch für die Gesellschaft an sich. Dies wird unter anderem mit dem Papamonat und der partnerschaftlichen Aufteilung der Elternkarenz ermöglicht. Teilen sich Eltern das Kinderbetreuungsgeld annähernd gleich, erhalten sie je 500 Euro als Partnerschaftsbonus.
Bis zu 1.600 Euro als Familienzeitbonus erhalten Väter, die sich nach der Geburt ausschließlich der Familie widmen möchten. Dieser Betrag wird jährlich valorisiert. Mit der Kampagne #papasein soll außerdem mehr Bewusstsein für die Väterbeteiligung geschaffen und auch die gesellschaftliche Wahrnehmung von Vaterrollen erweitert werden.
Oberösterreich: Land der Kinder?
Einen ambitionierten Weg in puncto Familienfreundlichkeit hat sich das Bundesland Oberösterreich auf die Fahnen geheftet. Das erklärte Ziel: Oberösterreich zum Kinderland Nr. 1 zu machen. Erst kürzlich haben sich noch 34 Prozent der jungen Oberösterreicherinnen – die nach wie vor den Großteil der unbezahlten Betreuungsarbeit leisten – in einer Befragung des IBE im Auftrag der AK Oberösterreich (eher) unzufrieden mit den verfügbaren Plätzen in den Krabbelstuben und 42 Prozent (eher) unzufrieden mit den Kosten für die Kinderbetreuung gezeigt.
Die neuesten Zahlen zur Kinderbildung und Kinderbetreuung sollen jedoch zeigen, dass wichtige Schritte gesetzt wurden – und die Maßnahmen wirken. Mehr Angebot, mehr Qualität und mehr Wahlfreiheit für die Eltern: „Wir haben uns mit dem Kinderland Nr.1 ein großes Ziel gesetzt. Die Fakten bestätigen, dass diese Ambition richtig war: so viel Zuwachs bei den Krabbelstuben wie nie zuvor. Enorme Steigerungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Fast 1.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Zeit wie dieser. All das motiviert uns, den Weg weiterzugehen – entschlossen und gemeinsam“, erklärt Bildungsreferentin Christine Haberlander.
Nach der Dialogtour von Haberlander folgten die kurzen, aber intensiven Verhandlungen mit der Gewerkschaft sowie dem Städte- und Gemeindebund. Das Ergebnis war ein gemeinsamer Pakt für das Kinderland Nr. 1, der am 14. Dezember 2022 vereinbart und der Öffentlichkeit vorgestellt werden konnte. Vereinbart wurde ein umfassendes Paket mit 20 konkreten Maßnahmen wie etwa eine Erhöhung der Gehälter, die gesetzliche Verankerung einer Reduzierung der Gruppengrößen, eine Ausweitung der Öffnungszeiten und weitere spürbare Verbesserungen in den Einrichtungen.
Dabei hat das Land Oberösterreich zur Finanzierung der aktuellen Maßnahmen die Landesbeitragspauschalen deutlich erhöht und das Bildungsbudget 2024 um rund 71 Mio. auf 348 Mio. Euro im Jahr 2024 gesteigert. Dazu kommen weitere rund 43 Mio. Euro, die über den Zukunftsfonds aus dem Finanzausgleich im Jahr 2024 – und danach jährlich valorisiert – direkt an die Gemeinden zur Unterstützung im Kinderbildungs- und -betreuungsbereich ausgeschüttet werden.
Die verbesserten Rahmenbedingungen haben ebenfalls zu einem Anstieg der Personalzahlen von fast +8 Prozent (also +880 Personen) geführt. Somit sind nun 12.188 Personen in Oberösterreich in Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen im Einsatz. So viele wie noch nie. Die Tendenz ist weiter steigend.
Durch das Maßnahmenpaket für das „Kinderland“ und die Vorgabe der Mindestöffnungszeit von 47 Wochen wurde heuer der Anteil der Kindergärten, die den Kriterien des Vereinbarkeitsindikators Familie und Beruf (VIF) entsprechen, auf einen Schlag um stattliche elf Prozentpunkte erhöht. Hier ist die Wirksamkeit des Maßnahmenpakets besonders spürbar.
Insgesamt hat sich die Zahl der VIF-konformen Einrichtungen von 238 im Vorjahr auf 329 im heurigen Arbeitsjahr erhöht. Das sind fast 100 Einrichtungen, die hier nachgezogen sind und mittlerweile VIF-konforme Öffnungszeiten anbieten. Die durchschnittliche Öffnungszeit der Betreuungseinrichtungen steigt damit auch insgesamt um 1,5 Wochen auf 48,5 Wochen pro Jahr.
Der Bundes-Monitoring-Bericht habe schon jetzt gezeigt, dass Oberösterreich im Bereich der Krabbelstuben mit insgesamt 406 Einrichtungen nicht nur sehr viele Betriebe hat, sondern mit einer Gruppengröße von nur 10 Kindern dabei auch eine sehr hohe Bildungs- und Betreuungsqualität gewährleistet. Oberösterreich liegt dabei nach Wien auf Platz 2. Heuer kommen nochmals 20 Krabbelstubenbetriebe hinzu, sodass es in Oberösterreich aktuell 426 Krabbelstubenbetriebe gibt. Allein im letzten Jahr sind 69 neue Krabbelstubengruppen hinzugekommen. Auch das ist ein neuer Rekord.
Wie Unternehmen Vereinbarkeit von Kind und Karriere unterstützen
Neben staatlicher Unterstützung sind Eltern aber auch auf Hilfeleistungen seitens des Arbeitgebers angewiesen. Laut einer Studie, für die Stepstone Österreich im März 2024 2.200 Beschäftigte in Österreich, darunter etwa 1.000 Elternteile, 400 davon mit Kindern unter 11 Jahren, zu den Themen Karriere, Familienleben und Work-Life-Balance befragt hat, sehen sich jedoch 44 Prozent bei der Rückkehr aus der Karenz ohne Unterstützung des Arbeitgebers.
Nur 23 Prozent der Eltern mit Kindern unter 11 Jahren sagen, dass ihr Arbeitgeber sie ausreichend unterstützt, um ihre Kinderbetreuungspflichten erfolgreich mit ihrer Arbeit zu vereinbaren. Nur 37 Prozent können auf flexible Arbeitsvereinbarungen zurückgreifen, um die Kinderbetreuung effektiv zu organisieren und gleichzeitig ihre Arbeitsproduktivität aufrechtzuerhalten, und jede:r Vierte denkt an Kündigung aufgrund mangelnder Unterstützung.
Nichtsdestotrotz nehmen immer mehr Unternehmen ihre Verantwortung in puncto Familienfreundlichkeit wahr. Bei WienIT, dem IT- und Business-Partner der Wiener-Stadtwerke-Gruppe beispielsweise können Mitarbeiter:innen auch blockweise arbeiten und bei der Arbeitszeiterfassung stundenweise ein- und auschecken – zum Beispiel, um Termine beim Kinderarzt oder Spaziergänge mit dem Kinderwagen einzuschieben.
Jungvater Dominik Wirker, SAP Application Specialist bei WienIT, erklärt: „Freizeit und Beruf müssen in Balance stehen. Was es für mich dafür daher braucht: die Rahmenbedingungen für größtmögliche Flexibilität und eine moderne Arbeits- und Führungskultur, die auf Vertrauen und Eigenverantwortung beruht. Beides habe ich in meinem Job: Mit Gleitzeit ohne Kernzeit, Homeoffice, stundenweisem Ein- und Auschecken und der technischen Ausstattung kann ich meinen Arbeitsalltag flexibel gestalten – und das in einem verständnisvollen, teamorientierten Setting. Ich genieße es sehr, diese kostbare Zeit in unserer jungen Familie zu erleben.“
Veronika Pratschner, SAP Senior Beraterin beim IT-Dienstleister Tietoevry Austria, Mutter eines Kindes, schlägt in eine ähnliche Kerbe: „Ich wurde 2022 Mutter und bin nun in Elternteilzeit. Meine Antwort auf die Frage ist ganz klar folgende: Die absolute Flexibilität in Sachen Arbeitszeit und -ort bei Tietoevry macht es mir möglich, dass ich das Familienleben führen kann, das ich möchte und brauche, ohne dafür meinen Job aufzugeben. Homeoffice und die Freiheit, meine Arbeit flexibel einteilen zu können, ermöglichen mir, keine privaten Abstriche machen zu müssen. Die Entscheidung zwischen Arbeit und Familie muss ich deshalb nicht treffen – es lässt sich beides sehr gut vereinen.“
Mit mobilem Arbeiten sowie flexiblen Teil- und Gleitzeitmodellen kommt man auch bei Editel den Mitarbeitenden entgegen. „Nach vielen Jahren in Großkonzernen habe ich mit dem mittelständischen IT-Unternehmen Editel einen Arbeitgeber gefunden, der mich als Mutter von zwei kleinen Kindern in dieser Lebensphase bestens unterstützt“, sagt Johanna Wagner, Head of People & Culture bei Editel. „Die Kombination aus Teil- und Gleitzeit bzw. Mobile Working bietet mir maximale Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben. Insgesamt geht man bei Editel sehr auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden ein, um deren individuellen Lebensmodellen Rechnung zu tragen. Denn nur so kann Beruf und Privatleben gut funktionieren!“
Ein partnerschaftliches Miteinander, Kommunikation auf Augenhöhe und Vertrauen in alle Mitarbeitenden sind gelebte Werte bei der Volksbank Wien. Mit einem Mentoring-Programm für Frauen, flexiblen und agilen Arbeitszeitmodellen und der Möglichkeit, auch als Führungskraft in Teilzeit zu arbeiten, fördert die Zentralorganisation des Volksbanken-Verbundes die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aktiv.
„Aus meiner Sicht sollte jeder Mann, der die Chance dazu hat, in Karenz gehen. Das sorgt für ein ganz anderes Selbstverständnis mit dem Kind und erleichtert die gerechte Aufteilung der Kinderbetreuungspflichten innerhalb der Familie ungemein“, sagt Florian Stanzig, der bei der Volksbank Wien als Teamleiter arbeitet. „Ich bin in der Zwischenzeit wieder aus der Väterkarenz zurück und merke, dass ich von meinen neu gewonnenen Perspektiven auch im Beruf profitiere.“ (BO)