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COVERTHEMA
JUNI 2018
Auf nationaler Ebene stehen für junge Europäer die Förderung
von Wirtschaftswachstum (39 %) und die Verringerung
von sozialer Ungleichheit (35 %) an vorderster Stelle.
Der Kampf gegen den Terrorismus liegt bei 29©Prozent.
Als eine eher nationale Aufgabe sehen die jungen Erwachsenen
die Unterstützung von Bildung und Wissenschaft.
17©Prozent erachten dieses Thema als wichtige Aufgabe der
EU, 26©Prozent als wichtige Aufgabe ihres Landes. Für die
deutschen Jugendlichen ist die Förderung von neuen Technologien
sowie Internet und Digitalisierung von großer
Wichtigkeit. Für 21©Prozent ist dies eines der wichtigsten
drei Themen auf EU-Ebene und sogar für jeden Dritten
(29 %) auf nationaler Ebene. Das ist der höchste Wert im
Vergleich der sieben befragten Länder, in Spanien liegt der
Wert zwischen sieben (EU) und fünf Prozent (national).
JUNGE ERWACHSENE MISSTRAUEN
BEHÖRDEN UND INSTITUTIONEN
Während die Zustimmung zur EU wächst, misstrauen die
jungen Erwachsenen weiterhin den Behörden und Institutionen.
Nur jeder Dritte (33 %) vertraut den EU-Institutionen
wie dem Europaparlament oder der EU-Kommission.
In Deutschland sind es immerhin 37©Prozent. Gewerkschaften,
Banken, Kirchen und ö± entlich-rechtliche Medien
sowie Konzerne schneiden europaweit schlechter ab.
Am meisten vertrauen die Befragten der Wissenschaft
und Wissenschaftlern (71 %) sowie der Polizei (52 %) und
den Gerichten (39 %). Die politischen Parteien landen
ganz am Ende der Skala: In Deutschland wie in allen anderen
Ländern glauben junge Menschen am wenigsten an
die Verlässlichkeit von politischen Parteien, auch Parlament
und Regierung genießen kein hohes Vertrauen.
Junge Europäer äußern einen starken Wunsch nach politischer
Veränderung: Nicht einmal jeder Fünfte (17 %) ist
der Meinung, dass das politische System im jeweiligen
Land so funktioniert, wie es sollte. Nahezu jeder Zweite
(45 %) denkt, dass das politische System reformbedürftig
ist, und weitere 28©Prozent glauben, dass nur radikale Veränderungen
die Dinge „wieder in Ordnung bringen“
können. Während in Deutschland der Anteil an jungen
Menschen, die das politische System als funktionstüchtig
einschätzen, überdurchschnittlich hoch
ist (39 %), ist der Anteil derjenigen, die radikalen
Wandel befürworten, besonders hoch in Griechenland
(52 %), Italien (43 %) und in Spanien (35 %).
SIEBEN BIS 23 PROZENT POPULISTISCH
EINGESTELLT
In der Studie wurden in diesem Jahr auch erstmals
populistische Einstellungen unter jungen Europäern
gemessen. Dazu wurden 15©Fragen gestellt, unter anderem
zum Anti-Elitarismus („Leute wie ich haben
keinen Einfl uss darauf, was die Regierung macht“),
zur Volkssouveränität („Das Volk sollte bei allen
wichtigen Entscheidungen gefragt werden“) und
zum Verständnis des Volkes als Einheit („Die einfachen
Leute ziehen alle an einem Strang“). Demnach
reicht der Anteil von jungen Menschen mit populistischen
Einstellungstendenzen von sieben Prozent in Deutschland
bis zu 23©Prozent in Polen. Als populistisch gilt, wer zwölf
der 15©Fragen zustimmend beantwortet hat. Diese Jugendlichen
zeigen sich kritischer hinsichtlich der Gestaltung
des demokratischen Systems: 39©Prozent geben an, dass
das politische System in ihrem Land so schlecht funktioniere,
dass radikale Veränderungen notwendig seien. Vor
allem Griechenland (66 %), Italien (51 %), Polen (41 %) und
Spanien (39 %) sind hier an der Spitze. Populistisch eingestellte
Jugendliche sind eher bereit, grundsätzliche demokratische
Elemente aufzugeben. So fänden es 64©Prozent
dieser Jugendlichen besser, wenn wichtige politische Entscheidungen
von unabhängigen Experten und nicht von
gewählten Politikern getro± en würden.
„Für populistisch eingestellte Jugendliche ist die Staatsform
Demokratie vielfach ein inhaltsleerer Begri± ©– sie
haben die Vorstellung einer illiberalen Demokratie, in der
rechtsstaatliche Prinzipien wenig zählen oder ausgehebelt
werden können. So können sich über 35©Prozent vorstellen,
die Rechte der Opposition einzuschränken. Ihnen
erscheint der politische Prozess also zu intransparent
und©zu zäh“, sagt Marcus Spittler vom Wissenschaftszentrum
©Berlin für Sozialforschung (WZB), der die Studie
wissenschaftlich begleitet hat.