37
ARBEITSMARKT
JUNI 2018
EINSAME SPITZE
Auch im 21.Jahrhundert sind Österreicherinnen noch immer eine Rarität in
heimischen Führungsetagen. Dabei befi ndet sich Österreich hinsichtlich des
Einfl usses von Frauen auf die Volkswirtschaft auf einem guten Weg.
SSEIT MEHR ALS ZEHN JAHREN untersucht die Arbeiterkammer
Wien den Anteil von Frauen in den Top-
Positionen der führenden österreichischen Unternehmen.
Große Erfolge sind bis dato ausgeblieben. Dass nur eine
gesetzliche Quote wirkt, zeigen Länder wie Frankreich
oder Norwegen. In Österreich gilt sie seit 1.©Jänner 2018©–
und ist angesichts der aktuellen Zahlen auch bitter nötig.
Die nüchternen Daten vorweg: In den Geschäftsführungen
der 200©umsatzstärksten Unternehmen beträgt der
Frauenanteil mit Stand 2.© Jänner 2018 gerade einmal
8,4©Prozent. Damit ist im zehnjährigen Untersuchungszeitraum
kein großer Fortschritt geglückt, lag der Anteil
2008 doch bei 4,6©Prozent. Noch schlechter ist das Bild in
den börsennotierten Unternehmen: Von insgesamt
195©Positionen im Top-Management sind überhaupt nur
zehn (5,1©Prozent) mit Frauen besetzt. Wechselt die Betrachtung
in den Aufsichtsrat, verbessern sich die Prozentsätze:
In den Top-200-Unternehmen sind 18,5©Prozent der
Mandate an Frauen vergeben©– 2008 machte der Anteil
9,0©Prozent aus. Die Arbeitnehmervertreterinnen sind dabei
einen Schritt voraus, ihr Anteil liegt bei 22,4©Prozent,
jener in der Kapitalvertretung bei 16,8©Prozent. Auch hier
ein Blick auf die Börsenfi rmen: Der Frauenanteil in den
Aufsichtsräten erreicht aktuell 18©Prozent. Wie bei den
Top-200-Unternehmen haben auch hier die Betriebsrätinnen
in den Gremien prozentmäßig die Nase vorn.
FRAUENQUOTE ZEIGT WIRKUNG
Als Ursachen für die männerdominierten Führungsspitzen
ortet Christina Wieser, Betriebswirtin in der AK Wien
und Autorin des „Frauen.Management.Reports“, Folgendes:
„Die Rekrutierung erfolgt vorwiegend aus persönlichen
Netzwerken, die Auswahlprozesse laufen unstrukturiert
ab.“ Ihr Fazit daher: „Nur eine gesetzliche Quotenregelung
bringt den gewünschten Erfolg. Deshalb sind wir
auch sehr stolz, dass in Österreich nach vielen Jahren der
Bemühungen endlich eine solche eingeführt wurde. Diese
Quote scha± t die Voraussetzung dafür, dass nicht mehr
ausschließlich auf Kandidaten aus dem Freundeszirkel
zurückgegri± en wird.“
Ein Blick in andere Länder Europas zeigt die Wirkung der
Quote: Während der durchschnittliche Anteil von Frauen
in Aufsichts- oder Verwaltungsräten bei 25©Prozent liegt,
können Länder mit einer gesetzlichen Regelung mit weit
höheren Prozentsätzen aufwarten. So kommt etwa Frankreich
auf einen Anteil von 43© Prozent, Norwegen auf
42©Prozent.
Konkret sieht das sogenannte Gleichstellungsgesetz von
Frauen und Männern im Aufsichtsrat in Österreich eine
verpfl ichtende Geschlechterquote von 30©Prozent für Aufsichtsräte
von Gesellschaften mit mehr als 1.000©Beschäftigten
und von börsennotierten Unternehmen dann vor,
wenn sich der Aufsichtsrat aus mindestens sechs Mitgliedern
(Kapitalvertretern) zusammensetzt und die Belegschaft
zu mindestens 20©Prozent aus Frauen besteht.
In Österreich gilt das Gesetz für Neubestellungen ab diesem
Jahr. Wird die vorgeschriebene Quote missachtet,
folgt eine Sanktion. Dazu Wieser: „Dann bleibt der Stuhl
leer.“ In Deutschland (Quotenregelung seit 1.©Jänner 2016)
sieht der Gesetzgeber übrigens ebenfalls eine Nichtbesetzung
bei Nichteinhaltung der Quote vor. „Und es ist noch
keine Position unbesetzt geblieben. Die Frauen sind da,
man muss nur den Blick und vor allem das Anforderungsprofi
l schärfen“, sagt Wieser.
Um die neue Regelung besser untersuchen zu können,
fordert die AK von der Regierung einen jährlichen Fortschrittsbericht.
„Jetzt sind aber auch die Unternehmen
gefragt: Bereits bei der Nachfolgeplanung müssen Frauen
entsprechend berücksichtigt werden“, fordert Wieser.
Außerdem braucht es neue Arbeitszeitmodelle wie das sogenannte
Top-Sharing, damit auch Frauen mit Teilzeitjobs
die Chance auf eine Führungsposition haben.
GESCHLECHTERUNGLEICHHEIT IST
WICHTIGER ASPEKT DES LOHNGEFÄLLES
Auch die deutsche Jobvermittlungsplattform Honeypot
verö± entlichte kürzlich eine Studie zur Geschlechterungleichheit
in Führungspositionen, die zeigte, dass weniger
als 50©Prozent der leitenden Positionen mit Frauen besetzt
sind. Da der Mangel an Frauen in leitenden Positionen