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Auf Einladung der Plattform Industrie 4.0 Austria und des Gaia-X Hub Austria trafen sich Vertreter:innen der europäischen Initiative Manufacturing-X im Rahmen der Technology Talks Austria 2024 am 13. September in Wien. © Valerie Maltseva

Föderierte Datenökosysteme bilden die Grundlage für eine faire globale Datenwirtschaft.

Die rasant voranschreitende digitale Transformation in all unseren Lebens- und Wirtschaftsbereichen verändert grundlegend unser gesellschaftliches Leben, unsere Arbeitsprozesse und unsere Wirtschaft und Industrie. Föderierte Datenökosysteme bilden in diesem Kontext die Grundlage für eine faire globale Datenwirtschaft.

Die Vollvernetzung der Menschen auf unserem Planeten durch ein globales Internet, kombiniert mit leistungsstarken mobilen Endgeräten für alle Teilnehmenden, durch die auf einfachste Weise multimediale Inhalte generiert werden können, führte zur Entwicklung von sozialen Medienplattformen, welche die Art und Weise der Kommunikation und des Informationsaustausches völlig veränderten und die globale Medienlandschaft vom früheren Fernseh-Massenmedium zum interaktiven Austausch von Inhalten auf den sozialen Medienplattformen transformierten. 

Zusätzlich dazu verband das Internet immer größere leistungsstarke Rechenzentren und Datenspeicher miteinander. Dadurch entstanden leistungsfähige Cloud-Computing-Architekturen mit spezialisierten IT-Serviceanbietern, welche eine performante virtuelle Datenverarbeitung ermöglichen, unabhängig davon, ob Daten auf dem eigenen Datenserver im Keller oder über die Cloud irgendwo im Internet gespeichert werden. Durch diese Entwicklungen können heute in verschiedenster Weise virtuelle Dienste angeboten werden, welche uns als Internetnutzer:innen den Betrieb eigener IT-Infrastrukturen und Anwendungen ersparen.

Diese globalen Plattformentwicklungen schaffen nun die Grundlage für neue innovative Datenkommunikations- und Verarbeitungsansätze mit gravierenden disruptiven Effekten für unsere globale Wirtschaft und Gesellschaft. Während Güter global gehandelt und weiterverarbeitet werden, ist der Handel und der Austausch (Data Sharing) von Daten immer noch sehr beschränkt und wird von vielen Unternehmen skeptisch beurteilt. Dabei benötigen Unternehmen immer mehr Daten die ursprünglich nicht mehr direkt aus ihrem Betrieb stammen, um die Produktqualität, Produktionseffizienz zu steigern. Darüber hinaus ermöglicht die Verknüpfung von Daten die Generierung von neuen Informationen und die Schaffung von Mehrwert und liefert damit die Grundlage für neue datengetriebene Geschäftsmodelle. Schließlich sind die Verfügbarkeit großer Datenmengen für statistische Analysen und Ableitungen (Datenwissenschaften) und auch Daten für maschinelles Lernen als Basis für Anwendungen mit künstlicher Intelligenz die Innovationstreiber und stellen damit vielversprechende Innovationsansätze für alle Märkte, Industrien und Lebensbereiche der globalen Digitalwirtschaft dar. 

Souveräner Datenaustausch auf gemeinsamer Basis
Die mit diesen Entwicklungen verbundenen Economy-of-Scale-Effekte hinsichtlich der Kosten für Datenspeicherung und Datenverarbeitung führten nun dazu, dass wenige große globale Cloud-Service-Anbieter ein Wirtschaftssystem entwickelten, welches durch die entstandenen Monopoleffekte wesentlichen Einfluss auf den globalen Infrastrukturausbau und die Technologieentwicklung nehmen. Dadurch werden die Möglichkeiten der Gestaltung von neuen Geschäftsmodellen und die Entwicklung von neuen offenen und fairen Märkten wesentlich eingeschränkt. 

Um diesem globalen Negativtrend entgegenzuwirken und eine neue Form der nachhaltigen Datensouveränität für alle Nutzer:innen im Internet sicherzustellen, entstand um 2020 eine neue Initiative rund um die Entwicklung von Datenräumen (Data Spaces), die die Errichtung einer föderierten, offenen Infrastruktur anstrebt, welche auf einem souveränen Datenaustausch auf Basis gemeinsamer Vereinbarungen, Regeln und Standards beruht.

Dieser aktuellen Dynamik in der Technologie- als auch Marktentwicklung wird derzeit vor allem in Europa Rechnung getragen. Es werden massive Anstrengungen unternommen, um die Entwicklung eines neuen offenen und fairen globalen Datenmarktes voranzutreiben, um eine nachhaltige wirtschaftliche Prosperität, informationelle Selbstbestimmung, politische Souveränität sowie technische Sicherheit nachhaltig sicherzustellen. Dabei werden unterschiedliche Maßnahmen umgesetzt.

Klare Spielregeln und Open Data
Zum einen wurden im Rahmen der europäischen Datenstrategie mehrere Regulative beschlossen, um klare Spielregeln für die Datenverarbeitung und den Datenhandel in der EU festzulegen, wie z.B. der Data Act oder der Data Governance Act . Dabei werden Rahmenbedingungen für die Nutzung und den Austausch von Daten definiert, wie z.B. die Unvereinbarkeit von Datenübermittlung und Datenhaltung als Dienstleistung mit der Datennutzung für neue Geschäftsmodelle oder die Notwendigkeit der kostenfreien Bereitstellung gesellschaftlich relevanter öffentlicher Daten zur Weiterverarbeitung auf dem freien Datenmarkt.

Zusätzlich nimmt auch der Bereich von Open Data eine zunehmend wichtige Rolle ein, um positive Veränderungen in unseren Gemeinschaften zu bewirken. Durch die von der öffentlichen Hand finanzierten Daten oder durch Daten, die von Privatpersonen oder Unternehmen der Gemeinschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, kann die Zivilgesellschaft als effektive und positive Gestaltungskraft zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung befähigt werden.

Konkrete Datenräume in verschiedensten Marktbereichen
Zum anderen forcieren verschiedene EU-Mitgliedsstaaten und auch die EU-Kommission die Entwicklung von konkreten Datenräumen in den verschiedensten Marktbereichen. Österreichische Unternehmen und Forschungseinrichtungen spielen dabei eine große Rolle in der Gestaltung von neuen Datenräumen – EuProGigant unter der Leitung der TU Wien, eines der europäischen Lighthouse Projekte im Bereich der intelligenten Produktion, oder CIRPASS-2 mit Beteiligung der Plattform Industrie 4.0 und BatWoMan unter Leitung des AIT Austrian Institute of Technology –, in denen an der Umsetzung eines Digitalen Produktpasses gearbeitet wird. 

Aber auch in der Medizin ist mit dem europäischen Gesundheitsdatenraum die Richtung klar in Richtung Dateninteroperabilität definiert. In Österreich wurde dazu vor Kurzem das nationale Leitprojekt SmartFox unter der Leitung des AIT gestartet, welches sich speziell dem Aspekt der Datenspende (Datenaltruismus) widmet.

EU-Mitgliedsstaaten wie Spanien setzen gezielt auf den Bereich Digitalisierung und Entwicklung von Datenräumen im Tourismus und in der Landwirtschaft. Deutschland setzt Schwerpunkte im Bereich der Produktion und im Automotive-Industriesektor und in den Niederlanden entstehen Datenplattformen für die Agrarwirtschaft.

EU-Initiativen zur zielgerichteten Architekturentwicklung
Die EU-Kommission unterstützt dieses neu entstehende Technologiefeld mit föderativen Initiativen wie dem Data Space Support Center (DSSC), welche die vielen EU-Projekte mit Dienstleistungen unterstützen, Synergien sicherstellen und damit zu einer zielgerichteten Architekturentwicklung führen sollen. Auch mit der expliziten Entwicklung einer Data Space Middleware (SIMPL) als Open-Source-Angebot für Unternehmen und Organisationen, um den Aufwand der technischen Entwicklung für Unternehmen zu minimieren und entsprechende Standards mit globaler Wirkung zu setzen, wird diese europäische Strategie unterstützt .

Schließlich treibt die EU-Gaia-X-Initiative eine Harmonisierung der unterschiedlichen Aktivitäten zur Implementierung von Datenräumen voran und zielt auf die Entwicklung einer gemeinsamen Architektur und entsprechende Standardisierung ab, indem einerseits Spezifikationen, Architekturen und auch Open-Source-Technologielösungen der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden, um die Marktdynamik zu beschleunigen, und andererseits Anstrengungen unternommen werden, um verschiedene EU-Initiativen wie International Data Spaces Association (IDSA), Big Data Value Association (BDVA) und Fireware zu harmonisieren und aufeinander abzustimmen. 

Zur Unterstützung des Wissensaufbaus und zur Schaffung von Erfahrungswerten wurde am AIT im Kontext der Gaia-X Hub-Austria-Initiative eine spezielle Data-Space-Plattform implementiert, um entsprechende praktische Demonstrationen zu ermöglichen und eine Testplattform für KMUs für neue Entwicklungen anzubieten. Weiters wird eine multimediale Lernplattform realisiert, um den Einstieg in die Welt der Datenräume wesentlich zu erleichtern und eine raschere Entwicklung der Datenraum-Stakeholder-Community in Österreich zu forcieren. 

In Summe werden damit in der EU von den Mitgliedstaaten als auch durch die verschiedenen Förderprogramme wie Horizon und DEP über 3 Mrd. Euro in den neuen Datenplattformbereich investiert. Auch Österreich setzt dazu gezielte Schwerpunkte mit der Förderung von Innovation im Bereich der zukünftigen Datenräume durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) und auch durch die Unterstützung der Data-Intelligence-Offensive (DIO) und der Gaia-X-Hub-Austria-Initiative gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen (BMF). (PR)

www.ait.ac.at
www.gaia-x.at