Catherine Chen, Corporate Senior Vice President & Director of the Board, Huawei © Huawei

Europa muss beim Setzen von 5G-Standards als Vorbild vorangehen, argumentiert Catherine Chen, Corporate Senior Vice President und Director of the Board von Huawei.

Im Jahr 2012 prägte die US-amerikanische Rechtsprofessorin Anu Bradford den Begriff „The Brussels Effect“. Dieser Begriff beschreibt die Fähigkeit der Europäischen Union, globale Märkte zu regulieren. Heute sind wir in einem digitalen Zeitalter angekommen, in dem Daten Land, Arbeit und Kapital als Hauptproduktionsfaktoren einer Volkswirtschaft ersetzen.

Um in der digitalen Wirtschaft erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen sich überlegen, wie in einer solchen Wirtschaft Mehrwerte geschaffen und verteilt werden. Wir brauchen einheitliche technische Standards sowie Regeln für die Datenverwaltung. Europa, mit dem „Brussels Effect“, ist vermutlich der einzige globale Markt, der sowohl den Willen als auch die Fähigkeit besitzt, diese Regeln im digitalen Zeitalter festzulegen.

Häufig werden Daten „das neue Öl“ genannt. Es gibt aber einen grundlegenden Unterschied zwischen Daten und Öl: Daten sind unbegrenzt und ihre Quellen nehmen unbegrenzt zu. Das bedeutet, dass die wirtschaftliche Entwicklung nicht länger durch limitierte Vorräte an natürlichen Ressourcen eingeschränkt wird. Die Art und Weise, wie wir seit der letzten industriellen Revolution Ertrag erwirtschaftet haben, verändert sich.

Wir brauchen dringend Vorschriften und Regulierungen für Daten, um sicherzugehen, dass die Verwaltung nicht hinter technologischen Entwicklungen zurückbleibt. Die EU ist besonders stark darin, Regeln und Richtlinien zu erstellen, die zeitgemäß sind. Offen gesagt, ist die Regulierung von Datennutzung in vielen Teilen der Welt übersehen worden. In diesem Bereich ist die EU eindeutig ein Vorreiter.

Die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) markierte einen großen Sprung nach vorn beim Schutz personenbezogener Daten. Sie ermöglicht nicht nur Selbstbestimmung über persönliche Daten, sondern bietet auch Rechtsschutz für den Fall, dass die Privatsphäre des Einzelnen verletzt wird. Wenn es darum geht, Standards zu setzen, muss Europa weiterhin als Vorbild für die Welt vorangehen. Ein globaler Markt mit einheitlichen Standards käme vielen europäischen Unternehmen zugute, denn damit können Stärken optimal ausgespielt werden.

Die Industrienormen der EU haben die Art der Produkte, die weltweit hergestellt werden, und die Art und Weise, wie globale Geschäfte abgewickelt werden, beeinflusst. REACH, eine europäische Verordnung bezüglich Chemikalien, beeinflusst die Produktausführung von US-amerikanischen Unternehmen wie Dow Chemistry genauso wie europäische Unternehmen, und chinesische Molkereien befolgen die EU-Standards für Milchprodukte, um am globalen Markt bestehen zu können.

Letztendlich treiben diese Vorschriften die Qualität auf der ganzen Welt voran. Regelbasiertes Regieren und multilaterale Verhandlungen werden Europas Position im digitalen Zeitalter stärken und zu einer blühenden digitalen Wirtschaft beitragen – nicht nur in Europa, sondern weltweit. Denn Europas Vorbild hat Einfluss auf andere Märkte und treibt Industrie und Wirtschaft weltweit an, sich ausgewogener zu entwickeln.

Die heutige Welt ist voller Unsicherheiten. Unternehmen brauchen die Gewissheit von Regeln und Systemen, die ihnen die richtige Richtung weisen. Europa befindet sich in einer guten Position, um der weltweit führende technologische Regulator und regulierendes Vorbild für die digitale Wirtschaft zu werden. Ich hoffe, dass Europa auch weiterhin Vorreiter bei der Entwicklung multilateraler Standards und Regeln sein wird. Alle global agierenden Unternehmen, ob in Europa oder anderswo, werden von einer solchen Führungsrolle profitieren.

Über die Autorin
Catherine Chen ist Corporate Senior Vice President und Director of the Board von Huawei. Nach dem Studium an der Northwest University in China trat sie 1995 in das Unternehmen ein.
www.huawei.com