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COVERTHEMA
JUNI 2017
„Luft nach oben gibt es noch zur Genüge“,
so Jürgen Tarbauer, Vorsitzender
der Jungen Wirtschaft Wien, zu
den aktuellen Zahlen. „Dass wir für
das vergangene Jahr ein leicht positives
Wachstum verzeichnen dürfen, ist
erfreulich und zeigt uns, dass wir auf
einem guten Weg sind. Dennoch liegt
noch ein weiter Weg vor uns, wollen
wir Wien und Österreich langfristig
und vor allem im internationalen Kontext
als attraktiven Wirtschaftsstandort
erhalten und ausbauen“, so Tarbauer
weiter. Genau dafür setzt sich die Junge
Wirtschaft Wien tagtäglich ein und
hat auch 2017 wieder einiges auf ihrer
Agenda: Ob die gesamte Digitalisierung
des Behördenverkehrs, die Reduktion
des Normen- und Gesetzesdschungels,
Fairness in der Gestaltung
der Wiener Parkraumbewirtschaftung,
praktikable Mitarbeiterbeteiligungsmodelle
oder nicht zuletzt die Senkung
der Lohnnebenkosten– es gibt
noch viel zu tun. Zwar kann die Junge Wirtschaft Wien
mit der aktuellen Präsentation des Arbeitsprogramms der
Bundesregierung und der darin enthaltenen Lohnnebenkostensenkung
für alle Gründer einen ersten Teilerfolg für
dieses Jahr verbuchen– dennoch ist das Ziel auch in diesem
Punkt noch nicht erreicht. „Es freut uns, dass es uns
mit dem von der Regierung präsentierten Programm zur
Lohnnebenkostensenkung zumindest gelungen ist, die
Zweiklassen-Unternehmerschaft zu bekämpfen. Damit
sind wir unserem Ziel wieder ein Stück näher gekommen“,
zeigt sich Tarbauer vorsichtig optimistisch. Denn
geht es nach der Jungen Wirtschaft Wien, soll eine Senkung
der Lohnnebenkosten nicht nur für alle Unternehmer
und Unternehmerinnen, sondern auch ohne zeitliche
Beschränkung und mit unmittelbarer Wirkung gelten.
FRAUEN KLAR VORNE
Mit 21.143Gründungen und einem Anteil von 61Prozent
liegt die Zahl der weiblichen Unternehmensneugründungen
2016 deutlich über der der männlichen. „Das freut
uns besonders“, sagt Tarbauer über das Ergebnis. Und
meint weiter: „Ich empfi nde es als sehr positiv, dass so
viele Frauen den Sprung in die Selbstständigkeit wagen
und damit nicht nur einen erheblichen Beitrag zur Stärkung
unseres Wirtschaftsstandorts leisten, sondern auch
stärker als wir Männer den Mut beweisen, ihre Träume
und Ideen wirklich in die Tat umzusetzen.“ Insgesamt hat
es 2016 34.844Gründungen durch Einzelunternehmer
und -unternehmerinnen gegeben.
UNTERNEHMERGEIST UNTER STUDENTEN
NOCH AUSBAUFÄHIG
Nach dem Studienabschluss wollen rund fünf Prozent der
Studierenden selbstständig tätig sein, der internationale
Schnitt liegt bei 8,8Prozent. Nach fünf Jahren peilen
27Prozent die Selbstständigkeit an, international sind es
38Prozent. Dies sind die aktuellen Ergebnisse der österreichischen
Länderstudie von GUESSS, an der sich rund
3.800Studierende von österreichischen Universitäten und
Fachhochschulen beteiligt haben und die vom Institut für
Unternehmensgründung und Unternehmensentwicklung
der Johannes Kepler Universität Linz durchgeführt wurde.
Das internationale Forschungsprojekt „Global University
Entrepreneurial Spirit Students’ Survey (GUESSS)“ ist die
weltweit größte Studie, in der die Einstellung von Studierenden
an Hochschulen zu Unternehmertum sowie ihre
Gründungsplanung und unternehmerische Aktivitäten
untersucht werden.
Elisabeth Zehetner-Piewald, Bundesgeschäftsführerin des
Gründerservice in der Wirtschaftskammer Österreich
(WKÖ), die die Studie unterstützt hat, wünscht sich mehr
Unternehmergeist an Universitäten und Fachhochschulen
(FH): „Die Studie beweist, dass hier noch einiges zu tun
ist, wie etwa fi xe Lehrveranstaltungen ,Businessplan und
Entrepreneurship‘ an allen Unis und Fachhochschulen.
Denn Unternehmergeistbildung sollte ein fi xer Bestandteil
der Allgemeinbildung sein.“ Entscheidend sei es, so
Zehetner-Piewald, Selbstständigkeit bei Studierenden als
attraktive und realistische Karriereoption zu positionieren
und dafür auch Anreize zu schaµ en, wie z. B. eine attraktive
Arbeitslosenversicherung für jene, die sich direkt aus
der Ausbildung selbstständig machen. Mit dem ERASMUS
für Jungunternehmer und dem i2b-Businessplanwettbewerb
(27Prozent Bewerbungen von Studierenden)
hat die WKÖ bereits zwei erfolgreiche Projekte, um Unternehmergeist
zu wecken und zu fördern.
„Es zeigen sich zwei Zielgruppen für Entrepreneurship-
Education: zum einen Studierende, die während oder
gleich nach dem Studium ein Start-up gründen, und zum
anderen als deutlich größere Gruppe Studierende, die
nach einigen Jahren Praxiserfahrung Unternehmensgründer
bzw. -nachfolger werden wollen“, so Studienautor Norbert
Kailer von der Universität Linz. „Wichtig ist daher
neben praxisorientiertem Unterricht und Netzwerktreµ en
eine Unterstützung gerade dieser ,Schnellstarter‘: Praktika
bei Start-ups, Gründungscoaching sowie unterstützende