
INNOVATIVE INDUSTRIE
Die erste Rundglastheke Europas steht in der Konditorei Zauner in Bad Ischl. Bäckerei Schoch im Allgäu.
JUNI 2018 | INNOVATIONS • NEW BUSINESS 35
Fotos: Schweitzer Ladenbau GmbH
anderen Familienmitglieder meiner Generation andere Pläne
hatten, suchte ich nach einem geeigneten zweiten Geschäftsführer,
der das Unternehmen gut kennt und wertschätzt und
fand ihn in Heinz Radlinger, MAS. Er hat 1979 als Tischlerlehrling
bei uns begonnen, ist seit fast 40 Jahren für uns tätig. Was
jedoch ausschlaggebend war, ist sein unternehmerisches Denken
sowie sein Engagement und seine Loyalität gegenüber dem
Unternehmen. Er gehört damit zur Familie.
Sie haben bekannte Kunden, für die Sie interessante Projekte
gemacht haben. Können Sie uns welche nennen?
Der bekannteste Kunde ist wohl die Konditorei Zauner in Bad
Ischl, für die wir die erste Rundglastheke Europas produziert
haben. Für den Transport ist mein Vater acht Mal von Wien
nach Bad Ischl gefahren. Auch die Con serie Bachmann in
Luzern hat uns für ihre Filialen ihr Vertrauen geschenkt. Die
Einrichtungen haben den Wert eines modernen Einfamilienhauses.
Für seine schockgefrorenen Torten haben wir einen
eigenen gläsernen Tiefkühlturm entwickelt. Bei Confiseur
Traiteur Oberweis in Luxemburg steht die teuerste Einrichtung
drinnen, die wir jemals geliefert haben. Da wir aber einige
derart große Projekte und Kunden haben, sind einige kleinere
potenzielle Kunden eingeschüchtert. Sie haben Bedenken, dass
unser Service zu teuer ist und dass sie sich keinen Mercedes
leisten können. Hier gebe ich aber zu bedenken, dass der kleinere
Kunde ja keinen Marmor oder keine Theke aus Echtholz
haben muss. Wir betreuen sehr gerne und sehr gut auch kleine,
feine Bäckereien und Konditoreien. Auch der Mercedes hat
inzwischen eine A-Klasse. Nur keine Berührungsangst!
Wie hat sich die Branche in den 70 Jahren verändert?
Der Ladenbau hat sich stark gewandelt. Es fängt schon bei der
Einrichtung in den eigenen vier Wänden an. Die klassischen
Einbauschränke, die man früher hatte, will man heute nicht
mehr. Heute stellt man eher Einzelstücke hin, die man auch
variieren und umstellen kann. Möbel müssen leicht und exibel
sein. Das ist der Trend der Zeit. Wie genau man seine Produkte
präsentiert, kommt aber stark auf den Standort und die
Kundschaft an. Im Ötztal muss ich meine Kunden anders
ansprechen als in der Stadt. Das sind andere Stile, andere
Kundenansprüche. Hier beraten wir gerne. In Stilfragen, aber
auch in Konzeptfragen. Denn: Brot alleine verkauft sich nicht
mehr! Man braucht eine Unternehmeridee. Und hier sind wir
eben nicht nur Möbelbauer, sondern auch Berater. Wir arbeiten
heraus, was der Bäcker heute braucht. Ohne ordentlichen Kaffee
etwa braucht er seinen Laden gar nicht mehr aufsperren.
Das Konzept rundherum ist sehr wichtig, da muss der Projektmanager
die dementsprechende Erfahrung haben.
Wie blicken Sie nach 70 Jahren in die Zukunft?
70 Jahre klingen toll, man hat Bestand. Es klingt aber auch alt.
Die Kunst, die wir unseren Kunden vermitteln müssen, ist,
dass wir Know-how und das Altbewährte mit dem Neuem
kombinieren. Du musst dich weiterentwickeln, darfst aber das,
was du kannst, nicht aus den Augen verlieren. Wir können
jedenfalls nicht mit der Vergangenheit auf der nächsten Messe
stehen. Das ist unsere Herausforderung. Es ist egal, ob es ein
Brotregal ist, eine neue Art von Kühlung, ein neuer Thekentyp
– wir müssen ständig am Ball bleiben. Wir bitten alle Kunden,
uns stets herauszufordern. Wir wollen wissen, was die Kunden
haben wollen, um zu schauen, ob wir das hinbekommen. Nur
weil wir es noch nicht gebaut haben, heißt es nicht, dass wir
es nicht entwickeln können. Das ist das Spannende an unserem
Job. Wir wollen immer wissen, wohin der Trend geht. Denn
wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Das sagt mein
Steuerberater immer zu mir.
Zum Schluss: Wie feiern Sie den runden Geburtstag?
Wir werden eine interne Feier machen, denn zum Feiern brauche
ich meine Leute – und deren Familien. Das ist unser Hirn
– die Mitarbeiter aus der Planung und der F&E–, unser Herz
– die Mitarbeiter aus der Verwaltung – und unser Körper – die
Mitarbeiter aus der Produktion. Wir können ohne Hirn, ohne
Herz und ohne Körper nicht existieren. Und der Körper gehört
gesund gehalten. Mit Ernährung, Bewegung. Und natürlich
mit gutem Brot und Schokolade. VM