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BREXIT
DEZEMBER 2018
ROSENKRIEG: BRITISCHE EXPORTEURE
WÄREN DIE GRÖSSTEN
VERLIERER BEI „NO DEAL“
Im Falle eines „No Deal“-Szenarios würden die
Regeln der World Trade Organization (WTO)
greifen und etwa vier bis Prozent Zölle auf
beiden Seiten anfallen. Das britische Pfund
würde in diesem Fall massiv abwerten und bis
Ende 2019 auf voraussichtlich 0,88 Euro
f allen. Exportverluste wären die Folge.
DEAL IN LETZTER SEKUNDE ERWARTET:
FÜR UNTERNEHMEN EIN „BLIND DATE“
MIT ÜBERRASCHUNGEN
„Angesichts der anhaltenden Diskussionen auf beiden
Seiten wird es aber vermutlich eine Einigung auf den
letzten Drücker geben“, sagt Mertes. „Für Unternehmen
ist das wie ein Blind Date, denn sie wissen nicht, was
auf sie zukommt. Das kann im Detail positive oder
auch böse Überraschungen bereithalten. Dennoch ist
es für sie immer noch
besser als eine unschöne
Trennung.“
Ein solcher „Last-Minute-
Deal“ im Jänner 2019
könnte den Weg ebnen für
eine Übergangsphase bis
Ende 2020, in der zunächst
beim Handel mit
Gütern und Dienstleistungen sowie bei den Grenzkontrollen
alles beim Alten bleibt. Die Märkte würden
sichmiteiner Einigung merklich
entspannen. Der Wechselkurs
zwischen Britischem Pfund und
Euro würde voraussichtlich wieder
auf etwa 1,14 klettern nach einem
erwarteten Tiefstand zwischen
1,06bis 1,09 bis zum Jahresende
2018 (das entspricht einer monatlichen
Abwertung von rund drei
Prozent).
DEUTSCHER HANDEL
MIT GROSS BRITANNIEN
BRICHT EIN
Auch in Deutschland wirft der bevorstehende
Brexit bereits dunkle
Schatten voraus. Wie die aktuelle
Ausgabe des Export-/Import-Seismografen
Deutschlands (ESD/
ISD), der die deutschen Außenhandelsströme analysiert,
zeigt, sind die negativen Folgen des Austritts bereits viele
Monate vor dem Tag X in aller Deutlichkeit zu spüren. Im
ersten Halbjahr2018 brachen die deutschen Exporte nach
Großbritannien gemessen am Gewicht gegenüber dem
Vorjahreszeitraum um 8,1Prozent auf 8,7Millionen Tonnen
ein. In die umgekehrte Richtung wurden 7,6Millionen
Tonnen Güter gehandelt– das sind sogar 15,2Prozent
weniger als im ersten Halbjahr 2017.
„Die Delle im Handel mit Großbritannien verdeutlicht die
Herausforderungen, mit denen Unternehmen sich
konfrontiert sehen, wenn Handelsgrenzen aufgebaut
werden: Supply-Chains müssen umgebaut werden, um
weiter im Wettbewerb bestehen zu können“, sagt
Christian Kille vom Institut für angewandte Logistik (IAL)
der Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Dieses gibt
denESD/ISD gemeinsam mit dem Softwarehaus AEB
heraus. „Deutsche Unternehmen suchen Alternativen
zu ihren britischen Lieferanten und probieren diese
«Das Datum für die Entscheidung, in welcher Form
sich der Brexit ereignen wird, rückt immer näher,
daher sind die Exporteure bereits jetzt gefordert,
ihre Verträge im Hinblick auf einem etwaigen Brexit
zu überprüfen und entsprechend anzupassen. »
LUDWIG MERTES, ACREDIA-VORSTAND
Die anhaltende politische
Diskussion verunsichert
Unternehmen, kostet
Pro tabilität und
Wirtschaftswachstum.