NIEDERÖSTERREICH
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APRIL 2021 | NIEDERÖSTERREICH • NEW BUSINESS 149
Daten von Sensoren beispielsweise müssen
aber nicht nur aufgezeichnet werden,
sondern erfordern auch eine adäquate
Auswertung. Diese Daten können sehr
spezi sch sein, z. B. Schmierstoff-Parameter,
die mit der Maschinenperformance
bzw. -gesundheit in Zusammenhang
gebracht werden sollen. Es ist
herausfordernd, ein vollständiges Bild
aller Daten zu erstellen und die relevanten
Informationen für die Zustandsüberwachung
und Wartung zu ltern und
richtig zu interpretieren. Hier kommt
die multivariate Statistik ins Spiel, bei
der zahlreiche statistische Variablen
zugleich untersucht werden (im Gegensatz
zur univariaten Analyse, bei der
jede Variable einzeln analysiert wird).
Dadurch wird explorative Datenanalyse
möglich, mit der Zusammenhänge zwischen
Daten hergestellt werden, die sonst
möglicherweise unerkannt blieben.
Schon seit ihrer Gründung setzt AC2T
multivariate Statistik in der Tribologie
ein. „Wir haben in einem unserer ersten
Projekte über stationäre Gasmotoren
mittels der multivariaten Statistik herausgearbeitet,
wie die saisonalen
Schwankungen in der Biogasqualität die
Alterung der Motoröle und in Folge auch
den Gasmotor beein ussen. In Biogasen
sind – ihrer Gewinnung aus Biomasse
geschuldet – in kleinen Mengen Verbindungen
enthalten, die sowohl dem
Schmierstoff als auch dem Motor schaden
können, wo sie millimeterdicke
Krusten bilden. Gasmotoren werden zur
Energiegewinnung eingesetzt und sind
durch den Einsatz von Gas aus nachwachsenden
Rohstoffen für die Energiewende
relevant“, erklärt Nicole Dörr. Als
Unterstützung zur konventionellen Datenauswertung
ermöglicht es die multivariate
Statistik, Zusammenhänge aus
einer großen Menge unterschiedlicher
Daten zu erarbeiten und dadurch „versteckte“
Informationen aufzudecken,
die bei einer univariablen Analyse unerkannt
blieben.
Das ist ein wertvolles Werkzeug, wenn
ein Schmierstoff in der Anwendung
hinsichtlich Additivverbrauch, Verschmutzung
und Bildung von Abbauprodukten
und darüber hinaus die Maschinenperformance
bewertet werden
soll. Bestimmte Schmierstoffparameter
spielen eine große Rolle hinsichtlich der
Energieef zienz, bestimmt durch Reibung,
und der verbleibenden Lebensdauer,
die durch die Restadditivmenge
bestimmt wird. Beispielsweise halten
Verschleißschutz-Additive den Maschinenverschleiß
auf einem niedrigen Niveau
und tragen somit zur Maschinengesundheit
bei.
Daher wurde ein Data-Mining-Ansatz
entwickelt, um wichtige Informationen
und Korrelationen zwischen Schmierstoffchemie
und Maschinenperformance
zu gewinnen. Die chemischen und tribologischen
Eigenschaften von frischen,
gebrauchten und künstlich gealterten
Motorenölen wurden mit multivariaten
Datenanalysemethoden ausgewertet, die
im Bereich der Chemometrie, der Statistik
in der Chemie, etabliert sind.
Mit FTIR-Spektren (Fourier-Transform-
Infrarotspektroskopie) wurde der Zustand
von im Labor künstlich gealterten
Motorölen mit dem von aus Fahrzeugen
gesammelten gebrauchten Motorölen
verglichen. Diese Vorarbeiten waren
notwendig, um automatisch Korrelationen
zwischen den chemischen Zusammensetzungen
der Motoröle und ihrer
tribologischen Performance in Maschinen
herzustellen. Aus diesen Korrelationen
wurden empirische Modelle erstellt,
um die Schmierungs- und Maschinenperformance
aus dem Ölzustand
vorherzusagen.
Wirkungen und Effekte
in der Industrie
Diese Data-Mining-Ansätze wurden zum
Herstellen automatischer Zusammenhänge
angewandt, um sofort zuverlässige
Vorhersagen, beispielsweise zur
Fotos: AC2T research GmbH (1+2), BrunoGermany/Pixabay (3), Jeschofnig/Dörr (4)
Oft heißt es „Daten sind das neue Öl“. Hier steht diese Aussage in einem neuen Kontext, da Daten aus Ölen gewonnen werden. Auch im Schienenverkehr
fi nden sich zahlreiche Anwendungen für den „digitalen Schmierstoff“.
Aus dem „Blut“ der Maschine lesen
»Aus dem Schmierstoff lassen sich – wie bei einer Blutanalyse
– Informationen über den Gesundheitszustand
der Maschine gewinnen.«
Nicole Dörr, wissenschaftliche Leiterin, AC2T research GmbH
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