PORTRÄT
Nikolaus Kawka trifft und lebt beherzte,
mutige Entscheidungen. Das hat er mehr
als einmal unter Beweis gestellt.
Je kurviger der Weg, umso besser.
8 NEW BUSINESS | APRIL 2021
Fotos: xxxx
N ikolaus Kawka ist seit 2011
CEO der Österreich-Niederlassung
der Zühlke Group,
seit 2018 auch Partner. Doch
immer der Reihe nach, denn der Lebens-
und Berufsweg des studierten Physikers
ist viel zu interessant, um ihn im Schnellvorlauf
an sich vorbeiziehen zu lassen.
Geboren und aufgewachsen ist Kawka
in Wien. Als Gymnasiast entwickelte er
großes Interesse für Philosophie, Psychologie
und Literatur, dem er treu blieb
und das er später sogar noch erweiterte.
Daneben beschäftigte er sich auch mit
dem Gebiet der Volkswirtschaft – und
entdeckte dabei sein Faible für die Mathematik,
die bekanntermaßen einen
nicht unwesentlichen Teil dieses Fachgebietes
ausmacht. Als es dann darum
ging, sich für ein Studium zu entscheiden,
el die Wahl klar zugunsten der
Physik. „In der Philosophie ist die Erkenntnistheorie
sehr wichtig, theoretisch
aber noch vor Einstein verortet. Die
Physik wiederum hat Ähnlichkeiten zur
Philosophie, ist aber nach Einstein schon
weiter“, so Kawka. Immer diesen einen
Schritt weiter gehen und denken zu
wollen ist auch bezeichnend für seinen
weiteren Weg.
Back in the USSR
Der wissbegierige junge Mann wollte
ins Ausland. Aber nicht in die USA oder
nach Großbritannien. Er strebte nach
etwas Spannenderem. Im Gymnasium
hatte er Russisch gelernt. Also bewarb
er sich kurzerhand an einem russischen
Forschungsinstitut – dem „CERN Russlands“
– für seine Diplomarbeit. „Das
war in der Jelzin-Ära, drei Jahre nach
dem Zerfall der Sowjetunion, in Dubna
an der Wolga – nicht weit von Moskau“,
erinnert sich Kawka. Das klingt nicht
nur nach einem Abenteuer, sondern war
es auch. Der monatliche Anruf bei den
Eltern musste angemeldet werden, mit
Passierschein und allem Drum und Dran.
Einstieg in die Welt der Bits & Bytes
Seine Dissertation machte er dann – nach
einem „Zwischenstopp“ in der Heimat,
um seinen Zivildienst abzuleisten – in
einem italienischen Forschungsinstitut.
Er wurde zwar formal von einem Physiker
betreut, das Thema war aber Computerlinguistik.
„Das kam so: Während
des Studiums habe ich Computer-Simulationen
programmiert und dabei mein
Interesse dafür entdeckt. Es gab eine
EU-Datenbank für Chemieunfälle. Das
Ziel war es, aus diesen Texten bestimmte
Muster herauszulesen, z. B. wie viel
Prozent der Unfälle passieren wegen
Ermüdung der Arbeiter.“ Das führte dazu,
dass er von der Europäischen Kommission
als „Auxiliary Scienti c Agent“
angestellt wurde, mit der Aufgabe, ein
semantisches System zu entwickeln,
welches genau diese Dinge erkennt. 1999
kehrte er nach Österreich zurück, arbeitete
erst ein Jahr lang als Consultant und
wurde dann von einem Wiener Start-up
abgeworben, das semantische Suchlösungen
entwickelte – sehr passend. Das
war auch sein Einstieg in die Softwarebranche.
Mit einem langjährigen Wegbegleiter
führte ihn das Schicksal zusammen. Der
nicht nur in Österreichs Wissenschafts-
und IT-Welt bekannte Bruno Buchberger,
unter anderem Gründer des Softwareparks
Hagenberg, war zufälligerweise
vor Kawka in Dubna und wurde in den