COVERTHEMA
OKTOBER 2018 | NEW BUSINESS 21
– wie Informatik oder Englisch – sind hier doch Augenauswischerei.
Was wir brauchen, ist eine konkrete Quali
zierung. Wir suchen zum Beispiel häu g Gabelstapler.
Natürlich kann ich im Ausland, etwa in Osteuropa,
suchen. Das gehört ohnehin auch zu unseren Hausaufgaben.
Aber vor allem müssen wir uns auch fragen: Wie
gehen wir mit den Menschen um, die bereits hier sind?
Wie bringe ich hier Qualifizierung rein? Die Not ist
bereits so groß, dass wir als Trenkwalder in Vorlage
gehen. Wir haben unser eigenes Ausbildungsunternehmen
namens Trenkwalder Learning. Wir arbeiten hauptsächlich
über E-Learning-Programme und bieten Quali
kationen für bestimmte Berufe an, etwa Sprachkurse
für Schweißer, um die spezi schen Fachausdrücke
zu lernen. Wir quali zieren die Bewerber, bilden sie aus
und dann bringen wir sie zu unseren Kunden.
Man hört oft die Vorwürfe, die Menschen wollen
nicht mehr arbeiten. Haben Sie diesen Eindruck auch?
Vielleicht gibt es Menschen, die nicht arbeiten wollen.
Das will ich ihnen aber gar nicht vorwerfen, sondern
dem System. Die Frage ist, ob die Barrieren, um in den
Genuss der Mindestsicherung zu kommen, nicht zu
niedrig sind. Ob es sich überhaupt lohnt für die 50 bis
100 Euro mehr im Monat arbeiten zu gehen, statt die
Mindestsicherung zu kassieren. Vielleicht sollte es nicht
gar so einfach sein. Auf der anderen Seite bin ich überzeugt,
dass es genug Menschen in Österreich gibt, die
bereit sind zu arbeiten und das auch wollen. Und ich
habe die Erfahrung gemacht, dass es durchaus ein Incentive
und ein Ansporn für Mitarbeiter ist, wenn man
sie für gute Arbeit mit einer Weiterbildung belohnt und
ihnen sagt, dass man stolz auf sie ist.
Wo sehen Sie den Arbeitsmarkt in zehn Jahren?
Ich bin ein notorischer Optimist. Deswegen glaube ich,
dass wir als Wirtschaftsstandort alle Voraussetzungen
erfüllen, um erfolgreich sein zu können. Wir müssen
nur endlich die Zeichen der Zeit erkennen und uns den
neuen Herausforderungen stellen. Konkret rede ich hier
von Politik, Sozialpartnern, aber vor allem auch von
den Arbeitgebern. Uns muss bewusst sein, dass der
Wettbewerb im Arabischen Golf, in China und Indien
sitzt und nicht nur in Berlin. Wir müssen uns proaktiv
auf diese Herausforderungen einlassen und vielleicht
sogar vorpreschen. Wir müssen wieder produzierende
Industrie in unseren Gegenden ansiedeln. Dann bin ich
absolut optimistisch, dass wir über gesteuerte Migration
genug Beschäftigung haben werden. Uns kann es
und wird es gelingen, in der Technologie vorne mitzuspielen.
Grundvoraussetzung dafür ist, in unser Ausbildungssystem
zu investieren. Hier muss schnell gehandelt
werden, weil dieses System nicht von heute auf
morgen verändert wird. Auch die universitäre Ausbildung
muss attraktiv für Kandidaten aus dem Ausland
sein, die wir dann in der Wirtschaft gut brauchen können.
Außerdem rate ich allen: Bitte keine Angst vor
Digitalisierung! Sie ist eine riesige Chance und bietet
viele Möglichkeiten – Stichwort Big Data! Wir müssen
die Chance nur nutzen. VM
INFO-BOX
Zur Person
Der 41-jährige Dr. Matthias Wechner ist seit Juli 2018 neuer
CEO der Trenkwalder Personaldienste GmbH Österreich.
Der gebürtige Tiroler leitete von 2011 bis Mitte 2018 den
österreichischen Marktführer im Bereich Sicherheitsdienstleistung,
G4S Secure Solutions AG. Wechner ist zudem
Vorstand der Industriellenvereinigung Wien, Aufsichtsratsmitglied
der Webster University und Berufsgruppensprecher
der Wirtschaftskammer Wien. Seine Karriere begann
der Jurist im Oberlandesgericht und im Verwaltungsgerichtshof
in Wien, bevor er Rechtsberater und später stellvertretender
Kabinettschef im Innen- und Verteidigungsministerium
unter Bundesminister Günther Platter wurde.
Fachkräfte konkret ausbilden
»Ein Lösungsansatz wäre, die geschätzten 30.000 Asylberechtigten,
die in Österreich arbeitslos gemeldet sind,
auf konkrete Positionen, die offen sind, auszubilden.
Ich biete mich hiermit gerne an!«
Matthias Wechner