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24 NEW BUSINESS | OKTOBER 2018
Fotos: Pexels, Freepik, ÖVS/Hetzmannseder
Wir leiden darunter, nicht zu wissen,
wie Organisationen funktionieren. Vieles
in ihnen ist nicht sichtbar, anderes
dafür Gewohnheit und Selbstverständlichkeit.
Oft wird während der Ausbildung
zum Supervisor festgestellt, dass
sich die gelernten Fähigkeiten ideal zur
Mitarbeiterführung eignen. Die Ausbildung
ermöglicht es, die Logik der Organisation
und die nötigen Rahmenbedingungen
zu verstehen, ebenso was es
heißt, Entscheidungen zu treffen. Mit
diesen Tools macht der Job als Führungsperson
mehr Spaß.
Was sind die Argumente, die
Mitarbeiter vorbringen, die sich gegen
Supervision wehren? Muss sie immer
freiwillig sein oder kann sie auch
angeordnet werden?
Wenn sich jemand gegen Supervision
wehrt, liegt es meistens daran, dass sie
ungeschickt eingefädelt wurde. Sie wird
dann nicht als Unterstützung, sondern
als Kontrolle oder Vorwurf der Inkompetenz
angesehen. Im Regelfall wird
Supervision aber von den Mitarbeitern
sehr gut angenommen. Es geht ja nicht
um persönliche De zite, sondern darum,
welche strukturellen Anforderungen zu
erfüllen sind, wo die Probleme sind und
was nicht transparent genug ist, um gut
genug wahrgenommen zu werden.
Bei Teamsupervision halte ich Freiwilligkeit
für kontraproduktiv, denn dann
kommen die Personen, um die es geht,
nicht hin. Daher gebe ich die Empfehlung,
Supervision als Qualitätsmanagement
in die Arbeitsplatzbeschreibung
reinzuschreiben. Dann ist es vorgeschrieben
und es gibt es auch keine Ausreden.
Die Digitalisierung bringt in vielen
Branchen grundlegende Veränderungen,
so bestimmt auch bei der
Beratung. Wie sehen Sie die aktuelle
Entwicklung?
Das ist sehr spannend. Onlineberatung
wird langsam angenommen, teilweise
gewünscht – ist aber ambivalent. Auf
der einen Seite gibt es das Bedürfnis der
Kunden, in manchen Fällen so rasch
wie möglich beraten zu werden. Ein
knappes Fünftel der Supervisoren berät
seine Klienten bereits zusätzlich über
das Internet. Dafür nutzen sie meistens
irgendeine Art von Videokonferenz,
beispielsweise Skype, oder sie beraten
in einem Telefongespräch. Die klassische
Besprechung bleibt weiterhin aber unverzichtbar,
denn der Face-to-Face-
Kontakt stellt doch etwas Besonderes
dar. Ich vermute, dass es zukünftig eine
Mischform geben wird. Man sollte es
allerdings vermeiden, den allgemeinen
Trend zur Beschleunigung durch Onlinebetreuung
noch weiter anzutreiben.
Beratung erfordert das Gegenteil, eine
Entschleunigung bzw. eine Nachdenkpause.
MW
INFO-BOX II
Über die ÖVS
Die Österreichische Vereinigung für Supervision
und Coaching ÖVS ist ein Berufsverband,
dem mehr als 1.300 qualifi -
zierte Supervisoren angehören. Die ÖVS
hat ihren Sitz in Wien und verfügt über
Vertretungen in allen Bundesländern. Die
Vereinigung wurde 1994 gegründet, um
die Qualität von Supervision/Coaching in
Österreich zu sichern und anerkannte
Qualitätskriterien einzuführen. Mitglieder
müssen eine ÖVS-zertifi zierte Ausbildung
nachweisen und ihr Können alle drei Jahre
belegen.
www.oevs.or.at