COVERTHEMA
JULI/AUGUST 2021 | NEW BUSINESS 23
das Risiko einer „Zombie zierung“ der
österreichischen Unternehmen im Pressezentrum
der Austria Presseagentur in
Wien.
Goldgräberstimmung
In ihrem Eingangsstatement zeigte sich
Christine Catasta vorsichtig optimistisch:
„Die Prognosen waren viel trüber, als
die Lage nun tatsächlich ist. Die Stimmung
bei den Unternehmen ist großteils
optimistisch. Viele Firmen haben die
Krise als Chance genutzt, sich neue Geschäftsmodelle
zu überlegen, und sind
innovativer geworden.“ Rudolf J. Melzer,
Gründer des IFWK, stellte daraufhin die
kritische Frage, ob es nicht dennoch so
wäre, dass gerade in jenen Branchen, die
es besonders hart getroffen hätte, das
Wirtschaften der vergangenen Monate
„auf Pump“ unweigerlich in eine Krise
nach der Krise führe? Ricardo-José
Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG:
„Bei großen Unternehmen ist die Stimmung
gut, weil sie mit großem Eigenkapital
durch die Krise gekommen sind.
Bei Kleinunternehmen sieht das anders
aus, hier wird es mit Sicherheit vermehrt
Liquidationen und Insolvenzen geben.
Außerdem bemerken wir, dass in Österreich
die Goldgräberstimmung ausgebrochen
ist. Investoren stürzen sich nun
auf den Markt, um sich die Perlen zu
sichern“, beobachtete Vybiral.
Neue Dynamik
Auch der Institutsleiter der KMU Forschung
Austria, Thomas Oberholzner,
beantwortete die von Moderator Arne
Johannsen gestellte Frage, ob es nach
dem Einstellen der staatlichen Hilfen zu
einer Insolvenzwelle kommen würde,
mit einem klaren Nein: „In der Pandemie
hatten wir eine eingefrorene Situation,
in die jetzt wieder Dynamik kommt.
Schließungen und Gründungen werden
sich die Waage halten. Natürlich werden
Unternehmen, die die notwendige Digitalisierung
und andere Innovationen
schon vor oder spätestens in der Krise
gut vorangebracht haben, wachsen und
dadurch werden sich die Marktanteile
neu verteilen. Die Kundenbeziehungen
haben sich geändert, durch das vermehrte
Onlineshopping fallen frühere Stammkunden
weg. Wer sich darauf nicht eingestellt
hat, wird nicht überleben am
Markt.“
Schuldnerfreundliche Stimmung an
den Gerichten
KSV1870-Chef Vybiral sah in der jetzigen
Situation aber auch eine Chance des Umdenkens:
„Wir haben in Österreich eine
beispielhaft hohe Sanierungsrate, 30 Prozent
aller Insolvenzen gehen in eine Sanierung.
Hier sind wir Vorreiter.“ Wo
Österreich allerdings dringend Handlungsbedarf
habe, sei, eine gute Kultur
des Scheiterns zu schaffen: „Das wird
zwar von der Politik nicht gerne gehört
und gesagt, aber es braucht in einem gesunden
Wirtschaftssystem auch immer
wieder eine strukturierte Bereinigung.
Welche Unternehmen haben das Potenzial,
weitergeführt zu werden, und bekommen
dafür auch die notwendige
Unterstützung? Es muss uns klar sein,
dass die Corona-Pandemie kein Managementfehler
ist, sondern eine Gesundheitskrise,
und wir müssen alles daransetzen,
dass Unternehmen mit gutem Potenzial
fortgeführt werden können.“ Das Positive
an der derzeitigen Situation sei die schuld-
Fotos: Adobe Stock/pict rider (1), Wilke (2)
Gefundenes Fressen
»Wir bemerken, dass in Österreich die Goldgräberstimmung
ausgebrochen ist. Investoren stürzen sich nun auf
den Markt, um sich die Perlen zu sichern.«
Ricardo-José Vybiral, CEO KSV1870 Holding AG
2