COVERTHEMA
D ie Arbeitsmedizin hat eine lange Tradition.
16 NEW BUSINESS | DEZEMBER 2021
„Schon altägyptische Wandmalereien und
Hieroglyphen zeugen vom gefährlichen
Alltag auf den Riesenbaustellen der Pyramiden
und Paläste. Mumienfunde lassen Rückschlüsse
auf Lungenerkrankungen durch das Einatmen verpesteter
Luft zu“, heißt es in einer wissenschaftlichen Abhandlung
von Stefan A. Bayer, Facharzt für Arbeitsmedizin
und ehemaliger Präsident der österreichischen
Akademie für Arbeitsmedizin. „Die historische Entwicklung
der Arbeitsmedizin und die Erfahrung des
Menschen, dass mit körperlicher Tätigkeit auch gesundheitliche
Beschwerden einhergehen können, lässt sich
anhand von Dokumenten und Bildern aber bis vor die
Hochkulturen Ägyptens zurückverfolgen.“
Im Laufe der Geschichte wurde dem aufstrebenden
Medizinbereich zwar immer mehr Bedeutung zugesprochen,
doch „die Arbeitsmedizin befand sich von
Beginn an in einem besonderen Spannungsverhältnis
zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Betriebe
und der Nationalökonomie einerseits und den Gesundheitsinteressen
der ihnen anvertrauten Menschen“, so
Bayer in seinem Resümee – ein Kon ikt der sich allmählich
zu entschärfen scheint.
Die Mitarbeitergesundheit beeinfl usst den Erfolg von
Unternehmen – nicht nur in Zeiten einer Pandemie
Corona hat allen Unternehmen die Bedeutung der Mitarbeitergesundheit
deutlich vor Augen geführt. Dass
dieser Faktor auch außerhalb solcher Ausnahmezeiten
ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein kann, belegt
eine gemeinsame Studie der Asklepios Kliniken mit der
Unternehmensberatung Roland Berger. „Es genügt nicht,
lediglich Fehlzeiten zu messen und den Fokus auf Unfälle
und Unfallvermeidung zu legen, es geht um ein
breiteres Verständnis von Gesundheit“, ist Kai Hankeln,
CEO der Asklepios Kliniken, überzeugt. „Die Aufgabe
muss sein, dafür zu sorgen, dass Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter durch gezielte gesundheitsunterstützende
Maßnahmen und gesundheitsförderliche betriebliche
Rahmenbedingungen dauerhaft und nachhaltig gesünder
werden.“ Asklepios engagiert sich schon seit einigen
Jahren vermehrt in der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention
der Unternehmensgesundheit und fühlt sich
darin durch die vorliegende Studie bestätigt.
„Corporate-Health-Management muss
endlich zur Chefsache erklärt und
ganzheitlich angegangen werden“,
fordert auch Oliver Rong, Senior Partner
im Hamburg Of ce von Roland
Berger, und kann überzeugende Zahlen
für einen Mehrwert durch effektives
betriebliches Gesundheitsmanagement
vorlegen: „Die Fluktuation
nimmt um 40 Prozent ab, der Umsatz
pro Mitarbeiter steigt um 11 Prozent
und der Aktienwert sogar um 76 Prozent.
Trotz dieser Zusammenhänge
und obwohl zahlreiche Veröffentlichungen
zwischen 2005 und 2015 einen
Return of Invest von 2:1 oder sogar 3:1
angeben, wird in deutschen Unternehmen
das Potenzial zur Förderung
von Gesundheit bis heute nicht ausgeschöpft,
wie die Studie darlegt.“
Langfristig hohes Einsparpotenzial
Die gestiegene Zahl von Krankentagen
zeigt, dass in den letzten Jahren offenbar
nicht genug in betriebliche Gesundheit investiert
wurde. Gab es Angebote, so wurden sie zumeist nur
von maximal zwei Drittel der Belegschaft genutzt. Die
größten Hürden bei der Umsetzung sind Vorrang des
Tagesgeschäfts, fehlende Ressourcen, fehlendes Wissen
über die Umsetzung, kein persönliches Engagement,
eine zu kostspielige Umsetzung, kein Wissen über externe
Unterstützung und fehlende Motivation der Belegschaft.
Um diese Hindernisse zu überwinden, emp-
ehlt Roland Berger eine klare Nutzenkommunikation,
einen gesamtunternehmerischen Ansatz sowie die
Zusammenarbeit mit externen Partnern, um von Best-
Practice-Lösungen zu lernen.
Vereinzelte Gesundheitsaktionen sind keine Lösung,
ein modernes Corporate-Health-Management sollte ein
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Gesundheitsvorsorge
und
-beratung am
Arbeitsplatz hat
nicht zuletzt
pandemiebedingt
eine ganz
neue Bedeutung
erhalten.