COVERTHEMA
G laubwürdige Aussagen über zukünftige
Ereignisse befriedigen das menschliche
Bedürfnis nach Sicherheit seit Anbeginn
der Geschichte und ebneten den Weg für
Wahrsager, Hellseher, Kartenleger und andere mystische
Propheten. Ihre Existenz ist leicht begründet: Eine ungewisse
Zukunft schürt Ängste und erschwert das
Treffen von Entscheidungen.
Solch übersinnliche Methoden der Vorhersage gehören
– zumindest im professionellen Kontext – jedoch längst
der Vergangenheit an. Moderne Technologien ermöglichen
einer immer größeren Anzahl an Unternehmen,
zukünftige Entwicklungen mit immer höherer Genauigkeit
zu prognostizieren.
Früherkennung von problematischem Kundenverhalten
Je riskanter ein Unternehmensbereich, desto wichtiger
werden auch zuverlässige Zukunftsaussagen. Beispielsweise
verlieren Unternehmen horrende Summen, wenn
bestellte Produkte und Dienstleistungen nicht bezahlt
werden. „Jede Firma hat Risikokunden. Mit einer smarten
Datenanalyse kann Risikoverhalten früh erkannt
und können potenzielle Verluste vorhergesagt werden“,
sagt Mihai Lupu, Direktor des Research Studios Data
Science der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft
(RSA FG). Um zuverlässige und brauchbare Ergebnisse
zu erzielen, werden in dem österreichischen
Institut Machine-Learning-Verfahren mit künstlichen
neuronalen Netzen kombiniert. Daraus ergeben sich
neuartige Vorhersagemodelle, die wissenschaftlich
14 NEW BUSINESS | DEZEMBER 2018/JÄNNER 2019
abgesichert und wirtschaftlich wertvoll sind. „Wir können
Big-Data-Analysen von unge lterten Protokolldaten
von Unternehmen durchführen und aus Terabytes an
Daten aussagekräftige Aspekte heraus ltern. Mit fortgeschrittenen
Statistikmethoden können wir dann zuverlässige
Vorhersagemodelle erstellen, um mögliche
Betrugsfälle zu identi zieren“, erklärt der Experte des
Instituts Bernd Ivanschitz.
Prädiktion übernimmt das Steuer
Auch in der angewandten Forschung werden Daten
zunehmend genutzt, um prädiktive Aussagen zu treffen.
Die Abteilung Visual Assistance Technologies des
Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung
IGD beispielsweise arbeitet an der visuellen
Analyse großer sowie komplexer
Datenmengen, um damit einen Blick in
die Zukunft zu wagen. „Unser Ziel ist
es, die zur Verfügung stehenden Daten
nutzen zu können, um zukünftige Prozesse
durch präzise datenbasierte Vorhersagen
optimal zu steuern“, erläutert
Abteilungsleiter Mario Aehnelt. Die
Chance von Big Data in der Produktionssteuerung
liegt in der Möglichkeit,
durch den automatisierten Abgleich mit
zurückliegenden Fällen eine Aussage
über zukünftige Ereignisse treffen zu
können, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit
tatsächlich eintreten. Ein Beispiel:
Der bei der Wartung festgestellte Verschleißgrad
eines Maschinenteils gibt
zunächst keinen Anlass zum Handeln.
Der Abgleich mit unzähligen anderen
Daten ergibt allerdings, dass in der Vergangenheit
Teile mit vergleichbarem
Verschleißgrad vor der nächsten Wartung
repariert werden mussten und einen
Anlagenausfall verursachten. Dieser
Prozess geschieht dank der Fraunhofer-IGD-Anwendungen
in Echtzeit, dessen Ergebnis als visuelle Darstellung
dem Nutzer intuitiv präsentiert wird. Mit der
Prädiktion werden also Ursachen ermittelt und auf die
Zukunft übertragen, um die Anwender in Anlagenbau
und -wartung bei einer smarten Entscheidungs ndung
zu unterstützen.
Big Data als Lebensretter
Die Analyse von Daten und daraus resultierende Aussagen
über zukünftige Ereignisse, spielen vor allem
eine besondere Rolle, wenn es um die Rettung menschlichen
Lebens geht. Der Autohersteller Ford hat kürzlich
herausgefunden, wie Big Data Städte potenziell dabei
unterstützen könnte, besonders gefährdete Standorte
Der Blick in die
Zukunft wird
mittels hochkomplexer
Datenanalysen
zunehmend
realistischer.