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18 NEW BUSINESS | OKTOBER 2021
Fotos: Steelcase
cker zu setzen“, sagt Hennige. „Arbeitnehmende müssen
vielmehr die Voraussetzungen haben, kreativ und
produktiv zusammenzuarbeiten. Eine Lösung dafür
ist, die Architektur der Büros neu zu überdenken: Büroräume
geben demnach nicht mehr vor, wie gearbeitet
wird, sondern die Aufgaben bestimmen, wie die Räume
zu sein haben.“
Laut Hennige benötigen Arbeitnehmer sowohl Platz
für einen kreativen Austausch als auch für spontane
Zusammenkünfte. Ebenso müsse es Bereiche geben,
die über längere Zeit ein ungestörtes Arbeiten ermöglichen.
„Das ist wichtig für Aufgaben, die viel Konzentration
und Ruhe erfordern. Gleichzeitig bieten diese
Räume die Möglichkeit, einfach mal abzuschalten und
neue Kraft zu tanken. Auf der anderen Seite braucht es
entsprechende Räume für längere Calls oder Konferenzen,
die in einem Großraumbüro auf Dauer eher störend
für andere Kollegen sind.“
Hennige gibt auch zu bedenken, dass Eventbereiche abseits
der Küche oder Kantine geschaffen werden müssen, in
denen sich Mitarbeiter in Pausen oder nach der Arbeit
ungezwungen treffen können. „Gerade nach den vergangenen
Monaten ist es besonders wichtig, die Unternehmenskultur
und den Teamspirit zu fördern.“ Letztlich
stellt sich für Hennige noch die Frage, nach welchen Prinzipien
hybrides Arbeiten ermöglicht wird. „Hier bietet
sich zum Beispiel an, die Anwesenheit im Büro an die
Anforderungen der Teamzusammenarbeit zu knüpfen.
Kreative Arbeiten, für die mehr Ruhe und längere ungestörte
Phasen benötigt werden, können eventuell besser
im Homeof ce erledigt werden. Müssen größere Projekte,
an denen verschiedene Disziplinen beteiligt sind, umgesetzt
werden, bietet sich für den besseren und engeren
Austausch die Anwesenheit im Büro an.“
Hybride Zusammenarbeit ist komplex
Bei den neuen Arbeitsweisen gibt es einige Herausforderungen
und Variablen, die Unternehmen bedenken
müssen. Angefangen bei der Auswahl der richtigen
Hardware- und Softwareplattformen bis hin zur Organisation
von Video Calls. „Ab sofort ist jeder Raum ein
Videoraum“, sagt Jessie Storey, Steelcase Design Managerin,
die seit 15 Jahren hybride Arbeitskonzepte entwickelt.
„Die Leute verbringen so viel Zeit mit dem
Einstellen von Kamerawinkeln und dem Ausarbeiten
von Content-Streams, dass die menschlichen Beziehungen
darunter leiden und wir die Dinge einfacher machen
müssen.“
Ungleiche Voraussetzungen aufgrund verschiedener
Umgebungen, Teammitglieder, die nur schwer zu verstehen
sind, oder das Fehlen der Körpersprache während
Präsentationen: Die Hauptursache für das Ungleichgewicht
der Präsenz bei der hybriden Zusammenarbeit
liegt meist am schlechten Zusammenspiel von physischem
Raum und digitalen Tools. Um die neuen Bedürfnisse
und Erwartungen der Menschen zu erfüllen
und verschiedene Arten der Zusammenarbeit zu ermöglichen,
sollten Unternehmen verschiedene Räume
und Technologien zur Verfügung stellen. „Wir müssen
uns darauf konzentrieren, das Digitale und das Physische
miteinander zu verbinden“, sagt Storey. „Es reicht
nicht aus, von außen zugeschaltete Personen in einem
Raum zu integrieren. Wir müssen auch den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern im Büro durch technische
Kernelemente eine bessere virtuelle Präsenz geben.“
„Out of sight“ aber nicht „out of mind“
In einem Punkt sind sich viele Experten einig: Der Wille
zur Rückkehr sollte intrinsisch entstehen. Anreize,
die diese innere Motivation erzeugen, können aber sehr
wohl von außen kommen. Führungskräfte und HRVerantwortliche
müssen sich verstärkt die Frage stellen,
was ihre Mitarbeiter tatsächlich im Homeof ce hält,
und sie, wenn möglich, auch in die Raumplanung und
-konzeption miteinbeziehen. Außerdem gilt es, eine
Unternehmenskultur der Gemeinschaft zu entwickeln,
die in einem gesunden Ausmaß auch mit weniger persönlichen
Kontakten funktioniert. „Aus den Augen“
muss in Zeiten von New Work nämlich nicht „aus dem
Sinn“ bedeuten. BO
Die hybride
Zusammenarbeit
spielt in
künftigen Bürokonzepten
eine
tragende Rolle.