INNOVATIVE INDUSTRIE
OKTOBER 2021 | INNOVATIONS • NEW BUSINESS 55
Fotos: Gerd Altmann/Pixabay (1), Martina Draper (2), Daniel Mikkelsen (3)
Für die Studie wurde der Digitalisierungsgrad in vier Stufen
unterteilt: Stufe 0 ist „digital blind“. Ein Großteil der Datenspeicherung
und der Informationsübermittlung passiert hier
noch papierbasiert. Stufe 1 steht für „digital abbilden“ – IKT
kommt im Bereich der Arbeits- und Hilfsmittel zum Einsatz.
Die Stufe 2 heißt „digital agieren“. Betriebe auf diesem
Niveau nutzen ihre Daten, verfügen über eine digitale Prozess
optimierung, aber die Entscheidungen liegen noch beim
Menschen. Die Stufe 3, die letzte Stufe, bedeutet „digital autonom“.
Es werden datenbasierte Produkte und Dienstleistungen
verkauft, Prozesse sind automatisiert und datengestützt,
Entscheidungen können auch automatisiert getroffen werden.
Auf dieser Stufe stehen die digitalen Geschäftsmodelle im Fokus.
Die 112 in der Studie befragten Unternehmen wurden
den jeweiligen Stufen zugeordnet. Das Ergebnis spricht für
sich: Das durchschnittliche Umsatzwachstum lag bei Stufe 0
bei 3,9 Prozent, bei Stufe 1 bei 13,0 Prozent und bei den Stufen
2 und 3 bei 15,3 Prozent.
HÖHERE ERWARTUNGEN FÜR
DIGITALISIERUNGSVORREITER
Die erwarteten Umsatzanteile digitaler Produkte in den nächsten
fünf Jahren liegen um 12,5 Prozentpunkte höher für die
Digitalisierungsvorreiter. Bei den „digital blinden“ Unternehmen
führen die digitalen Komponenten lediglich zu einer Anteilsausweitung
von 5,5 Prozentpunkten. „Stark digitalisierte
Unternehmen sehen die höchste Steigerung in rein digitalen
Produkten“, betont Helmenstein und unterstreicht: „Je höher
der Digitalisierungsgrad ist, desto mehr Umsatzwachstum
durch Digitalisierung ist zu erwarten. Das größte Potenzial
haben damit nicht jene Unternehmen, die auf der Stufe 0 sind,
sondern jene, die in der digitalen Transformation schon weit
vorangegangen sind. Der Nutzen der Digitalisierung potenziert
sich, neuerliche Investitionen zahlen sich weiterhin aus.“
INVESTITIONEN SIND ERFOLGSFAKTOR,
NICHT NUR KOSTENFAKTOR
„Investitionen führen zu Investitionen. Es entsteht eine positive
Investitionsspirale. Stark digitalisierte Unternehmen
investieren mehr und pro tieren überdurchschnittlich. Je höher
der erzielte digitale Reifegrad, desto höher ist die digitale
Dividende“, erläutert Zettel und betont, dass in der Studie
„positive Mehrrundeneffekte“ zu erkennen seien, die mit der
neuesten Generation von Investitionsgütern die Digitalisierung
vorantreiben. „Diese Ergebnisse zeigen, dass Investitionen
in die digitale Transformation kein reiner Kostenfaktor
sind und nicht in den Bereich des CFO gehören, sondern ganz
klar die nächste Dimension ansprechen und damit CEO-relevant
sind. Investitionen in Digitalisierung bedeuten nicht nur
Ef zienzsteigerung, sondern vor allem Umsatzwachstum“,
sagt der Accenture-Österreich-Chef. Die Umsatzrentabilität
von Digitalisierungsinvestitionen bei den Innovationsführern
liegt bei 45 Prozent, bei Nachzüglern beträgt der Vergleichswert
25 Prozent.
JOBMOTOR DIGITALISIERUNG: MEHRWERT
FÜR DIE GESELLSCHAFT
Digitalisierung schafft Jobs: Digitalisierte Unternehmen
sind erfolgreicher und bieten mehr Jobs und interessantere
Karrieren. Digitale Vorreiter sind Jobmotoren. Digitalisierte
Unternehmen verzeichnen ein bis zu 7,2 Prozentpunkte
höheres Mitarbeiterwachstum. „Die Anwendung digitaler
Technologien und Geschäftsmodelle generiert ein nachhaltiges
Wachstum, da sich diese sowohl auf die Produktivität
als auch auf das Beschäftigtenwachstum positiv auswirkt“,
erläutert Michaela Zalesak, Researcherin des Economica Instituts.
„Hier steht Österreich im internationalen Wettbewerb:
Haben wir viele digitalisierte und damit erfolgreiche Unternehmen,
können wir in einer globalen Wettbewerbssituation
Jobs nach Österreich bringen“, ergänzt Michael Zettel.
GESTÄRKTE HEIMISCHE WERTSCHÖPFUNG
Ein hoher Digitalisierungsgrad wirkt sich positiv auf die Fertigungstiefe
aus. Der Eigenanteil des Unternehmens steigt.
„Die Wertschöpfungs- bzw. die Fertigungstiefe von Unternehmen
steigt mit dem Reifegrad der Digitalisierung. Es muss
und kann weniger ausgelagert werden“, sagt IV-Chefökonom
Helmenstein. Mit einem höheren Anteil an Eigenfertigung erhöht
sich die Produktion in heimischen Betrieben.
MIT DER PLATTFORMWIRTSCHAFT
INS DIGITALE ZEITALTER
„Unternehmen, die digitale Plattformen für den Einkauf nutzen
oder betreiben, weisen signi kant höhere Umsätze auf
als andere Unternehmen“, erläutert Philipp Krabb, Manager
Research bei Accenture. 65 Prozent der befragten Unternehmen
nutzen oder betreiben digitale Plattformen für den Vertrieb,
52 Prozent nutzen diese für den Einkauf. „Diese Zahlen
zeigen, dass hier viel Potenzial liegt, denn die Plattformwirtschaft
wird in den kommenden Jahren den Weg ins digitale
Zeitalter stärken.“ RNF
3
V. l. n. r.: Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung,
Michaela Zalesak, Researcherin des Economica Instituts,
Michael Zettel, Country Managing Director Accenture Österreich,
Philipp Krabb, Manager Research bei Accenture