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OKTOBER 2021 | NEW BUSINESS 25
ren: Welcher Interessensgruppe sie dabei
Vorrang einräumten, wurde daran deutlich,
inwieweit sie die Arbeitsplätze und
Löhne mit oder ohne staatliche Hilfe
sicherten sowie andere Maßnahmen
ergriffen, um ihre Mitarbeiter vor gesundheitlichen
Gefahren zu schützen.
Wie sie sie an Entscheidungen beteiligten,
die ihre Mitarbeiter unmittelbar
betrafen, wie sie die Lieferanten und
Kunden durch kulante und individuelle
Zahlungsvereinbarungen unterstützten
oder wie sie nanzielle Opfer seitens
der Geschäftsführung, leitender Angestellter
und der Aktionäre einforderten,
anstatt die gesamte Belegschaft in Mitleidenschaft
zu ziehen. Bei unserer Analyse
ging es uns nicht darum, die Unternehmensreaktionen
als „richtig“ oder
„falsch“ zu beurteilen. Schließlich hatte
jedes Unternehmen unterschiedliche
Gründe für seine Entscheidungen, wie
die kontroversen Diskussionen um die
Dividendenpolitik deutlich machen.
LVMH und Unilever bewältigen Krise
aus eigener Kraft
LVMH und Unilever etwa reagierten,
abgesehen von ihrer Dividendenpolitik,
in sehr ähnlicher Weise auf die Pandemie.
So waren beide Unternehmen darauf
bedacht, auf Mitarbeiterkündigungen
zu verzichten, keine staatliche Unterstützung
in Anspruch zu nehmen
und durch Spenden und eigenes Engagement,
etwa durch Produktionsumstellung,
einen Beitrag zur Bewältigung der
Krise zu leisten.
Orpéa reagiert mit Schutzausrüstung
und Sonderzulage für Pfl egekräfte
Ein weiteres Beispiel ist Orpéa, Europas
führender Betreiber von Seniorenp egeheimen.
Während der Krise stand die
Branche wie kaum eine andere unter
Beobachtung der Öffentlichkeit und in
einigen P egeheimen legten Beschäftigte
wegen Covid-19 die Arbeit nieder.
Orpéa versorgte dagegen seine Mitarbeiter
in Windeseile mit Schutzausrüstung
und zahlte ihnen eine Sonderzulage.
Dafür stellte das Unternehmen ein
Fünftel des im Geschäftsjahr 2019 erwirtschafteten
Reingewinns bereit. Mit
diesen Maßnahmen sicherte es sich die
Loyalität seiner Mitarbeiter und das
P egeniveau in seinen Einrichtungen.
Heineken kürzt Gehalt von Führungskräften;
erhöht Bonus für Mitarbeiter
Mit ähnlichen Initiativen half auch der
weltweit zweitgrößte Brauereikonzern
Heineken seinen Kunden. So erließ der
Konzern in einigen Fällen den Gastwirten
Mietzahlungen und bezahlte seine
Lieferanten weiter. Gleichzeitig verzichteten
die Führungskräfte von März bis
Dezember 2020 auf 20 Prozent ihres
Gehalts, während das Unternehmen
selbst 23 Millionen Euro zur Unterstützung
von medizinischem Personal spendete.
Wie bereits in den Jahren 2008 und
2009 war Heineken einer der Letzten in
der Branche, die auf die Kostenbremse
traten. Dies spiegelt nicht nur seine Einstellung
gegenüber seinen Mitarbeitern
wider, sondern auch seine langfristige
Herangehensweise an die Entwicklung
seiner Marke. Doch auch seine Mitarbeiter
unterstützte der Einzelhandelskonzern,
indem er den Jahresbonus um
fünf Prozent anhob.
Jéronimo Martins setzt auf fairen
Umgang mit Lieferanten
Ef ziente Lieferketten haben auch für
den Einzelhändler Jéronimo Martins
einen hohen Stellenwert und erheblichen
Anteil an seinem Wettbewerbsvorteil.
Das Unternehmen ist für seinen fairen
Umgang mit Lieferanten bekannt, den
diese wiederum mit Treue belohnen. Als
Jéronimo Martins 2013 nach Kolumbien
expandierte, ogen Mitarbeiter seiner
polnischen Lieferanten nach Lateinamerika,
um die Unternehmen vor Ort beim
Aufbau ef zienter Lieferketten zu unterstützen.
Auch während der Pandemie
behielt das Unternehmen den fairen
Umgang mit seinen Zulieferern bei, denen
es in der Krise Überbrückungskredite
anbot. In diesem Kontext ist davon
Fotos: Adobe Stock/blacksalmon (1), Comgest (2)
SDGs gewinnen an Bedeutung
»Die Reaktion der Unternehmen sagt einiges darüber aus, wie
sehr ihre Geschäftspolitik mit Blick auf eine verantwortungsbewusste
Unternehmensführung an den UN-Nachhaltigkeitszielen
(SDGs) ausgerichtet ist – ein Maß, an welchem Unternehmen zukünftig
wohl immer häufiger gemessen werden dürften.«
Sébastien Thévoux-Chabuel,
ESG-Analyst und Portfoliomanager Comgest
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