COACHING-ZONE
Home-Working. Work-Life-Balance. Achtsamkeit.
Sinnstiftung. New Work … Ein paar Meinungen, die ich
mir in pandemischen Zeiten gebildet habe.
Buzzwords und Beobachtungen.
I ch will nicht mehr ins Büro zum Arbeiten
50 NEW BUSINESS | OKTOBER 2021
kommen. Auch wenn ich selbst und alle
anderen Kolleg:innen doppelt geimpft sind,
habe ich Angst, mich auf der Fahrt in den
öffentlichen Verkehrsmitteln anzustecken oder zum
Spreader zu werden.“
„Arbeit und Sinnstiftung haben für mich nichts miteinander
zu tun. Ich suche mir den Sinn außerhalb der
Arbeit.“
„Wir wollen, dass unsere
Mitarbeiter:innen am Montag
und am Freitag im Büro
sind. Am Montag, weil
wir uns da mit unseren
Kunden organisieren. Am
Freitag, weil wir uns da
auch als Team wahrnehmen
wollen und miteinander
kochen und essen.“
Ich könnte diese und die
nächsten zehn Kolumnen
mit Zitaten dieser Art füllen.
Die Pandemie hat Entwicklungen,
die seit Jahren
brodeln, zugespitzt und in Extreme getrieben.
Da ist das Fabelwesen „New Work“, das sich – auch! – in
einer Architektur darstellt, die von ihren Proponenten
als agil und situativ gelobt wird. Und von mittlerweile
etlichen Usern als Hühnerstall erlebt wird, in dem das
Faustrecht der Lautstärke und der Le-Mans-Start auf
die limitierten Arbeitsplätze den Tagesablauf bestimmen.
Zugleich: Das erzwungene Home-Working hat endlich
und unwiderru ich bewiesen, dass die Produktivität
auch beim Arbeiten vom heimischen Küchentisch aus
absolute Spitzenwerte erreicht. Und: Die Klagen wegen
Schäden am Bewegungsapparat wegen ergonomisch
ungeeigneter Möbel werden noch kommen.
Parallel dazu: Es zeigt sich eine zunehmende Polarisierung
nicht nur zwischen den Generationen, sondern
auch innerhalb derselben Altersgruppe. Speziell unter
den jüngsten Teilnehmer:innen der Arbeitswelt klafft
ein tiefer Spalt. Einerseits eine extrem „leistungswillige“
Gruppe, die fachlich hoch gebildet und emotional teilweise
blind ihre Spur nach oben fräst. Andererseits – als
extremer Gegenpol – Menschen
gleichen Alters, denen
die Arbeit als Mittel
zum Zweck dient, die ihre
Erfolgserlebnisse aber bewusst
außerhalb der Zeit
von „nine to ve“ suchen.
Mittendrin: Führungskräfte,
denen die Überforderung
angesichts
dieser Gemengelage auf
die Stirn tätowiert ist und
die – im Extremfall – mit
glattem Unverständnis
reagieren oder sich –
recht häu g – als Sprecher:innen der Geführten missverstehen
und sich dann wundern, warum Ergebnisse
so ausfallen, dass sie den übergeordneten Instanzen
nicht mehr darstellbar sind.
All das wurde bewusst in extremen Ausprägungen
geschildert. Weil die Wirklichkeit extrem geworden
ist. Wie eingangs gesagt: Stoff für eine ganze Serie
von Kolumnen. Dieses Mal reicht es nur für ein paar
Leuchtraketen. Vielleicht – bei Interesse – in den
nächsten Kolumnen einiges mehr.
www.drsonnberger.com
DR. HANNES SONNBERGER, DR. SONNBERGER BUSINESS COACHING
Hannes Sonnberger war viele Jahre in führenden Positionen in Werbeagenturen tätig. Seit 2005 arbeitet er als
zertifi zierter Business-Coach mit den Schwerpunkten Führung, Konfl iktmanagement, Burnout-Prophylaxe und
Teamarbeit. Aktuell erschienen: „Tool Box – das beinahe ultimative Universal-Handbuch für Führungskräfte“.
Foto: Simon Klein • Illustration: Vectorjuice/Freepik