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SEPTEMBER 2018 | NEW BUSINESS 15
Das Recht auf Löschung. Oder: Google vergisst nicht
Unter den Top-Ergebnissen in der Google-Suche zu
erscheinen hat bekanntlich wirtschaftliche Vorteile.
Selbst lange zurückliegende Ereignisse, Bewertungen
oder Kommentare können als Eintrag auf der ersten
Ergebnisseite einer Suchmaschine angezeigt werden
– unabhängig davon, ob sie positiver oder negativer
Natur sind. Gelesen werden sie von Partnern und Kunden,
die sich im Internet informieren, ebenso aber auch
von potenziellen Kandidaten im Bewerbungsprozess.
Was sie lesen, prägt ihr Bild von dem Unternehmen.
Auch nachdem Beiträge im Internet gelöscht wurden,
besteht die Möglichkeit, dass diese über Suchmaschinen
weiterhin aufgefunden werden können. Seit einem Urteil
des Europäischen Gerichtshofes stellt Google ein
Formular zur Verfügung, mit dem das Löschen von
Suchergebnissen beantragt werden kann. Bis dem stattgegeben
wird, kann jedoch eine Weile vergehen – so
lange sind die Links online zu nden.
Kommentare einfach löschen?
Auf der eigenen Facebook oder Instagram-Seite dürfen
Unternehmen Beiträge natürlich löschen, die ihnen nicht
gefallen, und den Autor sogar blockieren, um weitere
ungehobelte Postings zu verhindern. Wer rumpöbelt
und gegen den guten Ton verstößt, muss damit rechnen.
Allerdings: Das Löschen von Beiträgen mit negativen
Inhalten gilt als heikel, da es für zusätzliche Stimmung
auf den Portalen sorgt. Der betroffene Kunde ist nicht
mehr nur über sein ursprüngliches Problem verärgert,
sondern fühlt sich auch nicht ernst genommen. Diese
Unzufriedenheit wird dann gerne auf anderen Plattformen
verbreitet oder er nutzt sein eigenes Netzwerk,
um seinen Unmut zu vervielfältigen – mit dem Löschen
des Kommentars wird somit das Gegenteil erreicht. Die
Folge: Die einzelne Kritik wird multipliziert – der ideale
Nährboden für einen Shitstorm. Dieses Phänomen
wird als Streisand-Effekt bezeichnet.
Anders verhält es sich, wenn der Beitrag über die freie
Meinungsäußerung hinausgeht und/oder gegen das
Gesetze verstößt – in diesem Fall muss er gelöscht
werden.
Tatsache vs. Meinung
Meinungsfreiheit ist in Österreich ein wertvolles Gut
und als Menschenrecht gesetzlich verankert. Das
bedeutet, ein Kunde darf seine Meinung auch dann
äußern, wenn die einem Unternehmen nicht gefällt.
Unternehmen und Gewerbetreibende müssen gerechtfertigte
negative Bewertungen im Rahmen der
Meinungsäußerungsfreiheit hinnehmen. Nicht jeder
Kommentar mit negativem Inhalt ist also gleich eine
Ruf- bzw. Kreditschädigung, die eine Anzeige rechtfertigt.
INFO-BOX
Richtig reagieren: Die Dos and Don’ts bei negativen
Kommentaren auf Social-Media-Plattformen
Bei aller Professionalität, die ein Unternehmen an den Tag legt: Negative
Kommentare auf Social-Media-Kanälen kommen vor. Es gehört zum daily
Business des Social-Media-Beauftragten, mit ihnen umgehen zu können
und sich mit ehrlicher Kritik und schlechtem Feedback auseinanderzusetzen.
Und dieses kann man sogar für sich nutzen. So reagieren Sie
professionell:
Kritik ernst nehmen und Ruhe bewahren: Was ist das Problem?
Wie kann dem Kunden geholfen werden? Welche Abteilung ist dafür
verantwortlich? Ruhig, sachlich und kooperativ auf Kritik zu antworten
ist der richtige Weg.
Ehrlich und zeitnah reagieren: Erst Tage später auf einen Kommentar zu
antworten, signalisiert dem Kunden, dass er nicht ernst genommen wird.
Bei einem Versprechen, dass man sich um das Anliegen kümmert, sollte
das auch passieren. Gegebenenfalls den Kunden bitten, das Gespräch
von der öffentlichen Plattform auf die Privatnachrichten zu verlegen,
wo vertrauliche Details wie Kunden- oder Telefonnummern ausgetauscht
werden können.
Individuell antworten: Durch standardisierte Floskeln und unpersönliche
Phrasen wie „Lieber Kunde, ... mfG, Dein Facebook-Team“ fühlt sich kein
Mensch verstanden. Besser ist es, den User mit Namen anzusprechen,
sich für sein Feedback zu bedanken und auf sein Problem einzugehen.
Auf Kritik antworten anstatt rigoros löschen: Durch das Löschen von
Kommentaren potenziert sich der Frust des Kunden umso mehr. Daher:
Sofern es sich nicht um beleidigende, rassistische oder verleumderische
Kommentare handelt, jedenfalls antworten. Vielleicht hat der Kunde Ihr
Produkt oder Ihre Dienstleistung nicht verstanden – Ihre Antwort könnte
damit sogar anderen Kunden helfen.