COVERTHEMA
Hoher Sorgfaltsmaßstab
„Österreich ist vom Insolvenzrecht her
ein sehr fortführungsfreundliches Land“,
erklärt Buchegger. Unternehmen, die in
Insolvenzgefahr geraten, werden nicht
so rasch aufgegeben. Grundsätzlich gelten
zwei wesentliche Kennzahlen als
Alarmglocke und zugleich Startsignal
für die Erstellung einer Fortbestehensprognose:
eine Eigenmittelquote, die
unter 8 Prozent fällt, und eine Schuldentilgungsdauer
von über 15 Jahren. „Der
Sorgfaltsmaßstab, der Finanzinstituten
vom gesetzlichen Rahmen her auferlegt
wird, ist durchaus hoch“, so Buchegger.
Banken seien daher heute etwas früher
dran mit der Initiierung einer Fortbestehensprognose
als vor einigen Jahren,
aber nach Meinung des Advicum-Experten
noch nicht dort, wo sie im Sinne
einer Insolvenzminimierung sein sollten.
„Neben der Sorge um die Kreditrückzahlung
ist das Anfechtungsrisiko ein
wesentlicher Treiber für die Erstellung
einer Fortbestehensprognose. Diese dient
somit auch dem Schutz künftiger Gläubiger“,
erläutert Buchegger. Zudem liege
sie im Interesse von Steuerberatern und
Wirtschaftsprüfern, deren Haftung im
Falle einer Insolvenz zum Thema werden
kann. „Etwa 10–20 Prozent der österreichischen
Unternehmen sollten sinnvollerweise
von sich aus eine qualitätsvolle
Wertsteigernd
»Etwa 10–20 Prozent der österreichischen Unternehmen sollten
sinnvollerweise von sich aus eine qualitätsvolle Fortbestehensprognose
machen lassen, um ihren Unternehmenswert zu steigern,
die Rentabilität zu verbessern und die Insolvenzgefahr zu
reduzieren.«
Mag. Martin Buchegger, Finanzexperte des Wiener
Unternehmensberaters Advicum Consulting
Fortbestehensprognose machen lassen,
um ihren Unternehmenswert zu steigern,
die Rentabilität zu verbessern und die
Insolvenzgefahr zu reduzieren“, schätzt
man bei Advicum. In Summe dauert die
Erstellung einer solchen Prognose üblicherweise
rund ein bis zwei Monate,
erfahrungsgemäß fallen letztlich deutlich
über 50 Prozent der Gutachten positiv
aus.
Mehrstufi ger Prozess
Eine Fortbestehensprognose, die per
de nitionem nur für Kapitalgesellschaften
gemacht werden kann, entsteht in
mehreren Stufen. „Am Beginn steht das
Abfragen von Informationen, eine umfassende
Situationsanalyse, die volle
Transparenz schafft. In der zweiten Stufe
wird ein Sanierungskonzept entwickelt,
das Markt-, Wettbewerbs- und
Risikoanalysen berücksichtigt, Planungs-
Hochrechnungen erstellt und eine sinnvolle
Unternehmensfortführung evaluiert“,
präzisiert Buchegger. Exzellente
Qualität des Konzeptes sei dabei ebenso
ein wichtiger Faktor wie das Tempo, in
dem es entsteht. Auf Basis dieser Planung
werden dann die Finanzierungsgespräche
mit Banken und eventuellen Finanzgläubigern
geführt und die konkreten
Umsetzungsmaßnahmen xiert. Gerade
die offene Kommunikation mit den Banken
ist nach Ansicht von Advicum ein
besonders wesentlicher Faktor.
Qualität des Konzeptes entscheidet
über die Unternehmenszukunft
„Wenn es um Leben und Tod geht, wird
man auch als Privatperson nicht den
billigsten Arzt suchen, sondern den besten“,
zieht Martin Buchegger einen anschaulichen
Vergleich. Advicum gestalte
daher Fortbestehensprognosen nicht
als formales Abarbeiten von Checklisten,
sondern bemühe sich um eine ganzheitliche
Sicht der Unternehmenssituation
und bringe seine vielfältige Erfahrung
in Change-Prozessen, Marktkompetenz
und ein breites Kontaktnetzwerk ein.
„Veränderungskompetenzen und Weichenstellungen
müssen von innen heraus
entwickelt werden, am Weg zu einer
neuen Zukunft darf das Unternehmen
aber auch finanziell nicht scheitern“,
betont Buchegger. Von den Banken
wünscht er sich daher, dass sie bei Fortbestehensprognosen
nicht eine „überwiegende“,
sondern eine „hohe“ Überlebenswahrscheinlichkeit
Pixabay
fokussieren
und dementsprechend ausgerichtete
Fotos:Sanierungskonzepte bei der Kreditvergabe
entsprechend würdigen. VM
SEPTEMBER 2018 | NEW BUSINESS 27