COVERTHEMA
24 NEW BUSINESS | SEPTEMBER 2018
Fotos: BCG, Pixabay
Licht, der Werbeanbieter Ströer, der
Elektronikhersteller Siltronic, der Klinikbetreiber
MEDICLIN, der Technologiekonzern
Rheinmetall und der Automobilzulieferer
SGL Carbon haben in
den vergangenen Jahren beeindruckende
Turnarounds erreicht.
Geraten Unternehmen in Schieflage,
muss die richtige „Turnaround-Strategie“
den entscheidenden Kurswechsel herbeiführen.
„Es gibt keine Blaupause für
Comebacks. Die Studie zeigt jedoch: Es
existieren Hebel, ohne die sich kein Unternehmen
aus der Krise heraushieven
kann“, beobachtet Ralf Moldenhauer,
Senior Partner und Leiter der Praxisgruppe
„TURN“ (Transformations-,
Turnaround- und Restrukturierungsprojekte)
bei BCG in Deutschland. „Der
erste Schritt ist die strategische Neuausrichtung
des Unternehmens. Im Anschluss
richtet das Management das
Portfolio an den neuen Anforderungen
des Marktes aus, trennt sich von margenarmen
Bereichen oder kauft neue
Geschäftsbereiche hinzu. Parallel laufende
Ef zienzprogramme senken die
Kosten.“
Wiederaufsteiger und „Gesundschrumpfer“
Die Top-Ten-Unternehmen der BCGStudie
sind besonders erfolgreiche Krisenbewältiger,
die mittlerweile auf stabilem
Wachstumskurs sind. Sechs dieser
Firmen sind klassische Rückkehrer: Sie
verlagerten ihren Investitionsfokus und
konnten nach der Krise Umsatz und
Ergebnis wieder steigern. Zu dieser
Gruppe zählen etwa die Unternehmen
OSRAM, Ströer und Siltronic.
Die anderen erfolgreichen Krisenbewältiger
haben auf die Strategie „Gesundschrumpfen“
gesetzt und so trotz sinkender
Umsätze ihre Ergebnisse verbessert.
So trennten sich beispielsweise
Lanxess und SGL Carbon von unrentablen
Geschäftsbereichen und senkten
zusätzlich die Kosten.
„Die Beispiele zeigen: Negative Entwicklungen
erfordern eine Neuausrichtung
des Unternehmens, um es wieder nachhaltig
auf Erfolgskurs zu bringen. Wichtig
ist, dass die Entscheider nicht in
Schockstarre verharren, sondern sich
trauen, die Positionierung und Strategie
des Unternehmens kritisch zu hinterfragen
und dann hart umzusteuern“,
sagt Moldenhauer.
Zutaten für den erfolgreichen
Turnaround
Die Strategien der untersuchten Unternehmen
sind individuell und jeweils
abhängig von der Ausgangssituation.
Dennoch hat die Analyse fünf typische
Strategien klassi ziert, mit denen Unternehmen
der Turnaround gelungen
ist.
Organische Expansion des Kerngeschäfts
durch Ausdehnung in neue
Märkte und eine Weiterentwicklung
des Produktportfolios
Anorganisches Wachstum durch gezielten
Zukauf von Unternehmen oder
Geschäftsfeldern
Desinvestition durch Veräußerung
von Vermögen, Geschäftsbereichen
oder Unternehmensteilen zwecks Fokussierung
Fokussierung des Portfolios auf margenstarke
Segmente
Effizienzoptimierung mithilfe entsprechender
Kostensenkungsprogramme
„In der Praxis werden diese Erfolgsstrategien
häu g miteinander kombiniert
und zahlen aufeinander ein. Desinvestition
und Effizienzsteigerungen verschaffen
Unternehmen Luft zum Atmen,
können aber auch die notwendigen Mittel
liefern, um sich in strategisch wichtigen
Feldern auszudehnen“, erklärt
Studien-Mitautor Georg Beyer, Senior
Partner bei BCG und Experte für Industriegüter.
Fazit
Die Liste der Gefahren, die ein Unternehmen
im Laufe seines Lebenszyklusses
in die Krise stürzen können, ist lang
und vielfältig. Den Kopf in den Sand zu
stecken und das unternehmerische Lebenswerk
seinem Schicksal zu überlassen,
ist in solchen Fällen jedoch die
schlechteste Option. Wer um das Überleben
des eigenen Unternehmens zu
kämpfen hat, sollte Mut zur Veränderung
und operative Umsetzungsstärke beweisen
und sich zwingend von überholten
Strategien und Verhaltensweisen trennen.
Dann kann es nämlich gelingen,
gestärkt aus einer Krise hervorzugehen
und die wertvollen Erfahrungen aus
einem Restrukturierungsprozess als
Wettbewerbsvorteil zu nutzen. BO