COVERTHEMA
K aum aus den Federn, sitzt man am Schreibtisch.
16 NEW BUSINESS | MAI 2021
Für Mitarbeiter- und Kundengespräche
reicht ein Klick auf den Zoom-Link im
Posteingang. Ein paar Schritte Richtung
Küche haben den Spaziergang zum ausgedehnten
Business-Lunch abgelöst. Zwischendurch gönnt man
sich ab und zu eine kleine Runde durchs Grätzl und
schon ist man „back to work“. In letzter Zeit ist unsere
Arbeitswelt recht klein geworden und die Sehnsucht
nach einem Tapetenwechsel wächst vielen Berufstätigen
mittlerweile über den Kopf. Die gute Nachricht: Dass
wir uns so viele Monate ins Homeof ce zurückgezogen
haben, könnte dazu führen, dass wir unseren Arbeitsplatz
künftig in immer weitere Ferne verlegen.
„Ein Laptop mit der notwendigen Software, ein Smartphone
und eine stabile Internetverbindung sind in der
Regel alles, was Büroarbeiter heutzutage benötigen“, ist
der Geschäftsführer der Initiative Auslandszeit Frank
Möller überzeugt. Derart ausgestattet, lassen sich Jobs
zu Hause erledigen, aber ebenso in einem Coworking-
Space oder Strandcafé von Pattaya oder Palma de Mallorca.
Dies galt bis dato vor allem für selbständige Akademiker
der „Generation Z“, also die Geburtsjahrgänge
um 2000, die im Extremfall als digitale Nomaden ohne
festen Wohnsitz ihre Work-Life-Balance auf Reisen rund
um den Globus ausloten. Sie erstellen Websites, schreiben
Blogs, entwickeln Software, halten Remote-Vorträge,
arbeiten als Fotografen, Übersetzer oder im Onlinemarketing.
Doch mittlerweile ist ortsunabhängiges
Arbeiten nicht mehr nur das Privileg von Mittzwanzigern,
die ein Telefon mit Wählscheibe ausschließlich
aus Erzählungen ihrer Eltern kennen. Auch
älteren Arbeitnehmern eröffnen sich durch
die pandemiebedingten Verschiebungen
des Bürostandorts neue Chancen, wie zum
Beispiel „Workation“ und „Bleisure Travel“.
Die dahintersteckenden Konzepte, klingen
wie aufgeblasene Schlagworte aus einem
Marketingratgeber, meinen aber beide
dasselbe: dort arbeiten, wo andere Urlaub
machen.
Von der Projektarbeit im Ausland bis zur
ausgedehnten Dienstreise
Mit Workation – zusammengesetzt aus
„work“ (Arbeit) und „vacation“ (Urlaub)
– werden Arbeitsaufenthalte in typischen
Urlaubsgebieten bezeichnet. Der Vorteil:
Im Gegensatz zu einem Leben als digitaler
Nomade, der kontinuierlich von verschiedensten
Orten der Welt arbeitet, ist eine
Workation zeitlich begrenzt und kein gravierender
Einschnitt in die beru iche wie
private Lebensplanung, sondern vielmehr
eine bereichernde Abwechslung vom Daily
Business. Ein Trend, dem auch Corona
neuen Schwung verliehen hat. Zum einen
reagiert die Hotelbranche auf die nanziellen
Einbußen der Pandemie, indem sie
ihre Räumlichkeiten für Freiberu er zur
Verfügung stellt. Zum anderen bieten auch
Unternehmen ihren Mitarbeitern immer
häu ger Workations an. „Teams, die morgens
gemeinsame Firmenprojekte entwickeln
und anschließend zusammen Skikurse
belegen, arbeiten auch in der Heimat enger zusammen“,
sagt Möller.
Bleisure Travel kombiniert die englischen Wörter „business“
(Geschäft), „leisure“ (Freizeit) und „travel“ (Reisen)
und wird häu g als Synonym für Workation genutzt.
Ein schwammiger Begriff, der dem modernen Berufsleben
aber durchaus Rechnung trägt. Denn wer dank
mobilen Internets immer und überall erreichbar ist und
sein Privatleben in sozialen Netzwerken mit der Öffent-
1
Die veränderte
Arbeitswelt
schafft neue
touristische
Angebote.