COVERTHEMA
Auch ländliche
Regionen entwickeln
sich zu
vielversprechenden
Workation-
Destinationen.
Laut den Reiseexperten von HolidayPirates haben sich
vor allem südostasiatische Länder aufgrund der niedrigen
18 NEW BUSINESS | MAI 2021
Lebenshaltungskosten bei einer guten digitalen
Infrastruktur in den letzten Jahren zu einem beliebten
Workation-Ziel entwickelt. Das Co-Living- und Coworking
Hotel Dojo im balinesischen Canggu bietet neben
privaten Arbeitsplätzen auch Business-Visa, SIM-Karten
für Highspeed-Internet und Surfstunden an. In Lateinamerika
ist die Selina Group mit ihren Coworking-
Hostels in Panama, Costa Rica, Mexiko, Nicaragua,
Ecuador und Kolumbien stark vertreten. Von Hängematten
und Zelten über Schlafsäle bis hin zu Suiten ist
für jedes Preisniveau etwas dabei. Auch verschiedene
Optionen für die Nutzung der Coworking-Spaces gibt
es zur Auswahl. So kann man zum Beispiel zwischen
einem monatlichen „Hot Desk“, also einem frei wählbaren
Arbeitsplatz, und einem täglich fest zugewiesenen
Stammplatz wählen.
In Europa gilt das Hotel Schani in Wien als Pionier der
Coworking-Hotellerie. Es kombiniert die Wiener Kaffeehaustradition
mit einem Coworking-Space in der
Lobby, der neben den Hotelgästen auch ausdrücklich
örtliche Kreative, Freelancer und Selbständige ansprechen
soll. Das Volkshotel in Amsterdam setzt dagegen
auf unkonventionellen Stil. Das in einem ehemaligen
Redaktionsgebäude untergebrachte Hotel vermittelt mit
seinem Innendesign den produktiven Vibe einer Zeitungsredaktion.
Kreative Freiräume abseits von Großstadtlärm und
Massentourismus
Um in den Genuss einer Workation-Erfahrung zu kommen,
wird es jedoch immer weniger nötig, exotische
oder urbane Tourismus-Hotspots aufzusuchen. Denn
während manche Regionen unter Over-Tourism leiden,
Städte immer voller und teurer werden und dabei die
kreativen Freiräume verschwinden, entstehen auch auf
dem Land Coworking-Spaces, neuartige Unternehmensnetzwerke
und Start-ups, digitale Kreativorte sowie
gemeinschaftliche Wohnprojekte. So locken selbst in
entlegene, touristisch kaum erschlossene Alpendörfer
die Gemeinschaftsbüros des vereinsbasierten Netzwerks
CoworkationALPS Stadt üchtige in die Berge. Im strukturschwachen
Nordhessen beispielsweise haben sich
innovative Unternehmer und Gründer zum Netzwerk
Homeberger zusammengeschlossen und werben mit
neuen digitalen Chancen für ihre Region. Und im Project
Bay auf der Insel Rügen können Städter temporäres
Wohnen und Arbeiten mit Meerblick kombinieren und
das Landleben erproben. „Insbesondere für entlegene
Regionen ist das eine Chance, Menschen zurückzugewinnen,
die in den letzten Jahrzehnten in die Ballungsräume
gezogen sind, oder sogar bislang überzeugte
Städter anzuziehen“, prophezeit die Direktorin des
Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung,
Catherina Hinz. „Den Zuzug brauchen viele ländliche
Regionen dringend, um dem demogra schen Wandel
etwas entgegenzusetzen.“ In den letzten eineinhalb
Jahren haben das Berlin-Institut für Bevölkerung und
Entwicklung und die Wüstenrot Stiftung insgesamt 56
solcher Projekte, Initiativen und Netzwerke sowie deren
Wirkung untersucht und in der Studie „Digital aufs
Land“ beschrieben.
Neue Impulse auf dem Land
Die neuartigen Orte und Initiativen sind inspiriert von
der Stadt, kopieren aber nicht die dortigen Modelle,
sondern orientieren sich an den aktuellen Herausforderungen
ländlicher Regionen. Während in der Stadt
Coworking-Spaces vor allem von digitalen Freiberu erinnen
und Gründern genutzt werden, reicht die Bandbreite
der ländlichen Coworker vom klassischen
Digitalarbeiter, dem Angestellten eines Versicherungsunternehmens,
über den Vereinsvorstand und Handwerker
bis zur Wirtschaftsförderin. Auch wenn unter
Städtern das Interesse am Land wächst, wollen nicht
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