
INNOVATIVE INDUSTRIE
NOVEMBER 2021 | INNOVATIONS • NEW BUSINESS 133
Fotos: Robomotion GmbH (1), Fraunhofer IPA/Rainer Bez (2–4)
HERAUSFORDERNDE GREIFAUFGABE
In den 2000er-Jahren war die Nachfrage nach den Salami-Snacks
sehr hoch. Der damals noch Unilever heißende Hersteller stand
vor der Herausforderung, die produzierten Würstchen so schnell
wie möglich sortieren zu müssen – von Hand eine mühsame
Aufgabe. Diese Aufgabe konnte Robomotion, basierend auf
den IPA-Entwicklungen, automatisieren. Die größte Schwierigkeit:
Würstchen zu greifen, ist für einen Roboter herausfordernd.
Er muss sie mit ihrer jeweiligen Form und Größe erkennen
und anschließend gut aufnehmen können – und das, obwohl
ihre Ober äche sehr schwierig zu handhaben ist.
Hinzu kommen höchste Hygieneanforderungen in der Lebensmittelbranche.
Trotzdem schaffte der in der Ausstellung gezeigte
Roboter die geforderten Taktzeiten von 150 Würstchen
pro Minute ohne Probleme und verbesserte zudem die Prozesssicherheit.
Im Rahmen des Bi ®-Projekts wurden ebenfalls
Entwicklungen mit dem Fraunhofer IPA zum Einsatz 3D-gedruckter
Greifer an Robotern durchgeführt. Im Ergebnis setzte
Unilever die gewichtsoptimierten Dreifach-Greifer dann ab
2009 in der Produktion ein.
VON DER FORSCHUNG IN DEN INDUSTRIELLEN
DAUEREINSATZ
Bereits in den 1980er-Jahren trug die enge Zusammenarbeit
zwischen ABB und dem Fraunhofer IPA Früchte. Dies zeigt
die Auszeichnung des damaligen IPA-Mitarbeiters und späteren
Institutsleiters Prof. Rolf Dieter Schraft mit dem „ASEA
Award“ von ABB im Jahr 1986. Am erfolgreichen Technologietransfer
für das Würstchengreifen hatten später die damaligen
IPA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter aus der Robotik großen
Anteil. Ab 1991 arbeitete der damalige IPA-Doktorand und
heutige Geschäftsführer von Robomotion, Andreas Wolf, an
einem Szenario, in dem er zunächst SCARARoboter für das
Sortieren von Müll nutzte. Diese Vorarbeiten mündeten in den
Versuchsaufbau einer Roboterzelle zur Müllsortierung, die das
Fraunhofer IPA auf der Hannover Messe 1996 zeigte. Wenig
später wurde klar, dass die entwickelten Technologien rund
um das sensordatenbasierte Erkennen und schnelle Greifen
nach bestimmten Sortierkriterien nicht nur eine Automatisierungslösung
für Abfallprodukte ermöglichen, sondern eben
auch für Lebensmittel und Konsumgüter nutzbar sind.
NACH 2 MILLIARDEN GRIFFEN IN DEN RUHESTAND
Andreas Wolf hat zu diesem Thema promoviert und entwickelte
mit seinem Team Anfang der 2000er-Jahre dann die
Roboteranlage für die Würstchen-Handhabung mit dem ABBDeltaroboter.
Seither ist das Verpacken von Lebensmitteln ein
Hauptstandbein von Robomotion. Die bisher für die Würstchensortierung
eingesetzten ABB-Roboter hingegen dürfen
jetzt ihren Ruhestand antreten – einer von ihnen in den »Meilensteinen
der Robotik« am Fraunhofer IPA. Eine Etage tiefer
entstehen mit der kognitiven Robotik Technologien, die Automatisierungslösungen
für die Zukunft ermöglichen. Auch
Robomotion ist hier aktuell mit dem IPA in Projekten zur Entwicklung
neuer Sensorlösungen auf KI-Basis beschäftigt. Unternehmen
sind jederzeit herzlich eingeladen, sich über neueste
Robotikentwicklungen zu informieren und ihre persönliche
Reise mit Technologien der Zukunft zu beginnen. BO
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Alfred Gehr von Unilever/Jack Link’s, Gabi Guter-Johansen von ABB,Dr. Werner Kraus und Dr. Michael Hilt
vom Fraunhofer IPA sowie Dr. Andreas Wolf von Robomotion bei der feierlichen Übergabe.