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NOVEMBER 2021 | NEW BUSINESS 73
tungen stehen heute für mehr als die
Hälfte der gesamten Wertschöpfung im
Land und auch für mehr als die Hälfte
aller ausbezahlten Löhne und Gehälter
– rund 107 Milliarden Euro. Nie zuvor
hatten – allen Krisen zum Trotz – mehr
Menschen einen sicheren Arbeitsplatz in
der Industrie. Das sind Erfolge, die sich
sehen lassen können“, hob Knill hervor.
Teil und Treiber der industriellen
Erfolgsgeschichte
„Wir sind seit 75 Jahren Teil und Treiber
der industriellen Erfolgsgeschichte unseres
Landes – darauf sind wir stolz, das
ist unser Ansporn für die Zukunft“,
betonte der IV-Präsident, der auch – und
gerade – am Tag der Industrie den Blick
nach vorne richtete: „Das große Ganze
zu sehen, über den Tellerrand zu schauen,
Vordenker zu sein, wenn es um Megatrends
und große Zukunftsfragen geht
– das hat uns als Organisation immer
ausgezeichnet und tut es auch heute
noch.“ So habe man im Laufe des Jahres
als Erste in Österreich eine Industriestrategie
mit Empfehlungen bis 2040
entwickelt, „denn es reicht nicht, nur an
morgen zu denken. Wir müssen uns
heute schon fragen, was in einem Jahr
und in zehn oder 20 Jahren ist. Erfolg ist
kein Selbstläufer. Es braucht dafür eine
kluge, zukunftsgerichtete Standortpolitik“,
so Knill.
Rahmenbedingungen für ein lebenswertes
Österreich 2040 gestalten
Innovation, Technologie, Quali zierung,
Digitalisierung seien aus Sicht der IV
die Eckpfeiler eines wettbewerbsfähigen
Industrielandes Österreich 2040. „Wir
müssen Rahmenbedingungen schaffen,
unter denen sich diese Dinge bestmöglich
entwickeln können“, so der IV-Präsident.
Unter anderem gelte es, den immer
drängender werdenden Fachkräftemangel
zu lösen, die kommende ökosoziale
Steuerreform als echte Chance
zur spürbaren Entlastung von Menschen
und Unternehmen zu nutzen sowie den
digitalen Wandel erfolgreich zu gestalten,
„damit Österreich auch 2040 und lange
darüber hinaus zu den lebenswertesten
Orten der Welt gehört“.
Wer die Industrie stärkt, stärkt den
Klimaschutz
„Klimapolitik ist Standortpolitik und
umgekehrt – hier muss man einen ganzheitlichen
Ansatz verfolgen, der die
Industrie als das mit einbezieht, was sie
ist: ein wichtiger Teil der Lösung im
Kampf gegen den Klimawandel, der
nachhaltig nur durch Innovation und
technologische Durchbrüche zu gewinnen
sein wird, wie sie vor allem in der
Industrie erzielt werden. Wer die Industrie
stärkt, der stärkt auch den Klimaschutz.
Einseitig an der Belastungsschraube
zu drehen, wäre daher der
völlig falsche Weg“, gab Knill zu bedenken.
Was es daher brauche, sei eine kluge,
faire Steuerreform, die neben den
gewünschten ökologischen Lenkungseffekten
eine spürbare Entlastung für
Unternehmen und deren Beschäftigte
bringt. Neben der bereits angekündigten
Senkung der Lohnsteuer müsse der Fokus
auf der Stärkung des Eigenkapitals
der Unternehmen liegen – allen voran
auf der Senkung der Körperschaftsteuer
auf 21 Prozent sowie der Einführung
ktiver Eigenkapitalzinsen als Betriebsausgabe.
„Davon pro tieren Arbeitsplätze
und Investitionen im Land. Gerade
Letztere brauchen wir dringend, um die
klimapolitische Transformation zu stemmen“,
so der IV-Präsident.
Österreich zum digitalen und
technologischen Hotspot machen
„Österreich und Europa müssen mittel-
und langfristig bei Schlüsseltechnolo gien
wie künstlicher Intelligenz oder Mikroelektronik
eine Führungsrolle anstreben
und möglichst auch erreichen – indem
wir Unternehmergeist fördern und den
Leitbetrieben von morgen attraktive Rahmenbedingungen,
bis hin zu einem stark
vernetzten Innovations-Ökosystem, bieten“,
führte Knill aus. Investitionen – auch
der öffentlichen Hand – in Forschung
und Entwicklung seien dafür ebenso
entscheidend wie die fortschreitende
Digitalisierung, die „sicher und nutzbringend
gestaltet werden muss. Ziel muss
es sein, Österreich schon bis 2030 unter
die Top-3-Digitalisierungsvorreiter in
Europa zu bringen“. Cybersicherheit sei
dabei ein wesentlicher Faktor. „Da brauchen
wir mehr Know-how und ein echtes
Kompetenzzentrum in Österreich, wenn
wir nicht jedes Jahr Schäden in zigfacher
Millionenhöhe haben wollen. Und nicht
nur das. Es muss auch die Infrastruktur
mit den digitalen Erfordernissen Schritt
halten können – Stichwort 5G-Ausbau.
Und nicht zuletzt muss Österreich ein
Land der Technikerinnen und Techniker
werden, wo digitale Fähigkeiten selbstverständlicher
Teil der Ausbildung sind“,
stellte Knill klar.
Bildung und Qualifi zierung als
Zukunftsfundament
Schon jetzt sei der Fachkräftemangel
eines der drängendsten Probleme und
„eine echte Wachstumsbremse“, für deren
Lösung es kurz-, mittel- und langfristige
Strategien brauche. „Bildung ist
das Fundament der Zukunft“, so Knill.
Dies gelte vor allem für Naturwissenschaft
und Technik, wofür die Begeisterung
möglichst schon im Kindergarten
geweckt werden müsse. „Es gilt: Alle
Kraft in die Elementarbildung – auch
nanziell. Notwendig ist zudem eine
Qualitätsoffensive in der Grundbildung
und deren Aufwertung durch einen formalen,
aussagekräftigen Abschluss mit
14 Jahren“, wie der IV-Präsident betonte,
für den mittelfristig auch ein Schwerpunkt
auf die Attraktivierung der Lehre
gelegt werden muss: „Wir brauchen
eine qualitätsvolle Einstiegsphase anstatt
des aktuellen Durcheinanders aus polytechnischen
Schulen, Schulabbrüchen
an AHS und BHS usw.“ Eine politische
Gesamtstrategie gegen den Fachkräftemangel
sei daher „ein Gebot der Stunde.
Außerdem müssen wir Österreich zum
Anziehungspunkt für die besten Talente
aus aller Welt machen. Ohne sinnvolle,
praxisgerechte Reform der Rot-Weiß-
Rot-Karte wird das nicht funktionieren“,
so Knill, der abschließend klarstellte:
„Wenn wir auch in 10, 20 oder 50 Jahren
noch erfolgreich sein wollen, wenn wir
die Zukunft für kommende Generationen
positiv gestalten wollen, dann geht das
nur mit Rahmenbedingungen, die es
ermöglichen, und Menschen, die das
können. Jetzt liegt es an uns.“ BO