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2022 IT- & DIGITALISIERUNGS-GUIDE 107
Tool, als Plattform oder auch als Software as a
Service fungieren kann. „Bei Workday sprechen
wir von einer ‚True Cloud‘ und meinen damit
eine Cloud-SaaS-Lösung, die sich durch ihre
Architektur unterscheidet. Ein cloudbasiertes
ERP muss über folgende fünf Parameter verfügen:
ausfallsicher und skalierbar sein, ohne die
Geschäftskontinuität zu beeinträchtigen, selbst
konfigurierbar und langlebig sein, ohne teure
kundenspezifische Entwicklung, offen für andere
Systeme, Cloud- und Legacy-Anwendungen,
ein ansprechendes Benutzererlebnis ermöglichen
und agil sein. Ein ERP von on-premises
einfach nur in die Cloud zu hieven, bringt
lediglich Vorteile auf der Infrastrukturebene, auf
der Software-Ebene ist es immer noch das alte
ERP. Das bedeutet, dass das Unternehmen mit
den bestehenden Prozessen arbeitet, aber die
wirklichen Vorteile von SaaS – wie Agilität,
Flexibilität und Innovation – nicht nutzen
kann“, erklärt Jens Krüger.
DOMAIN-ORIENTIERTE ERP-STRATEGIE
Das Hauptziel eines monolithischen ERP-Systems
besteht darin, Informationen und Prozesse
aus unterschiedlichen Domänen, d. h. allen
Abteilungen eines Unternehmens, zu kombinieren
und zu einem strukturierten Arbeitssystem
zusammenzuführen. „Ich glaube, das ERP der
Zukunft wird eine Kombination von echten
Cloud-Domain-spezifischen SaaS-Lösungen
sein“, so Krüger. In vielen Fachbereichen –
Domains – haben sich bereits technologische
SaaS-Standards gebildet. Im HR-Bereich wurde
HCM durch SaaS-Lösungen als bevorzugte
Bereitstellungsoption abgelöst, weil sie neben
funktionalen Bereichen auch Analytics, Social
Media, Collaboration und Mitarbeiterengagement
abdecken können und Self-Service-Funktionen
ermöglichen.
„Die Mehrheit der Unternehmensprozesse findet
innerhalb einer Domain statt, ebenso basieren
die Reportings und Analysen meist auf
Daten innerhalb einer Domain. Auch die abgeleiteten
Aktionen finden innerhalb einer
Domain statt. Darüber hinaus haben Domains
in einem Unternehmen oft unterschiedliche
Transformationsgeschwindigkeiten. Eine
Domain-orientierte IT-Landschaft, d. h. ein
Verbund von domänenspezifischen SaaSLösungen,
ermöglicht organisatorische Agilität
innerhalb der Geschäftsbereiche aufgrund der
integrierten Natur der Prozesse und Daten.“
TIPPS FÜR DIE ABLÖSE VON ALTSYSTEMEN
Jens Krüger ist sich bewusst: „Die Ablösung des
traditionellen, monolithischen ERP wird nicht
über Nacht geschehen. Die Änderung der
Unternehmensarchitektur ist eine Reise, nicht
das Ziel. Neue Technologien bieten Unternehmen
die Möglichkeit, Prozesse neu zu bewerten
und zu überarbeiten. Wer eine echte Cloud-
Lösung und alle Vorteile ausschöpfen will,
braucht eine Vision für Veränderungen – ein
digitales Mindset –, um Geschäftsprozesse und
Arbeitsweisen zu verändern.“
Es muss aber nicht immer ein radikaler Wechsel
von alten Applikationen sein, auch ein sanfter
Übergang ist möglich. „Hybride Zwischenschritte
werden auch von unseren Kunden
genutzt – also die Kombination von on-premises
mit cloudbasiertem SaaS.“ Krüger gibt allerdings
zu bedenken: „Die Zielarchitektur für die
Cloud muss im Mittelpunkt stehen. Wer ein
hybrides System betreibt, dem bleiben die
Komplexität und Nachteile wie arbeitsintensive
Softwarewartung und kostenintensive Implementierungen
erhalten.“
Sein Tipp für eine schrittweise Modernisierung:
„Starten Sie Ihre digitale Transformation mit
domänenspezifischen SaaS-Lösungen, zerlegen
Sie Ihre bestehende ERP-Landschaft Domäne
für Domäne. Lösen Sie diese Domänen aus dem
klassischen ERP heraus, um die Transformation
zu beginnen und die ERP-Abhängigkeiten
Stück für Stück zu reduzieren.“